CDU-Programm: Ein Geschenk für SPD und Grüne?
Was im Wahlprogramm der CDU steht, was das kostet und wie SPD und Grüne das nutzen könnten
Am kommenden Dienstag will die Union ihr neues Wahlprogramm beschließen, am gestrigen Freitag ist der Entwurf öffentlich geworden. Der Titel: „Politikwechsel für Deutschland“. Der Inhalt: nur vage Forderungen, die erstens fast alle schon bekannt waren, zweitens nicht zueinander passen und drittens nicht mit konkreten Zahlen hinterlegt sind.
Während die Union der Ampel aus der Opposition immer einen unseriösen Haushalt vorgeworfen und keine konkreten Gegenvorschläge gemacht hat, verpasst sie das nun auch in ihrem Wahlprogramm. Eine offene Flanke, die SPD und Grüne angreifen können – und sollten.
Addiert man die ganzen Steuer- und Beitragssenkungen grob zusammen, kommt man auf 80 bis 100 Milliarden Euro, je nach Verteidigungsquote sogar noch mehr.
Was die Union fordert und was davon zu halten ist
Der Einkommensteuersatz soll „schrittweise spürbar“ abgeflacht werden, der Spitzensteuersatz erst ab 80.000 Euro statt heute grob 67.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen greifen. Außerdem soll die kalte Progression in Zukunft automatisch abgebaut werden, indem die Tarifeckwerte automatisch jedes Jahr mit der Inflationsrate wachsen. Zur Kritik: Die Grenze für den Spitzensteuersatz ist von der SPD kopiert. Wie genau dann der neue Tarif aussieht, ist nicht konkretisiert. Damit lässt sich auch nicht errechnen, wie viel die Steuersenkung kostet, geschweige denn: wer wie viel an Steuern spart. Klar ist aber: Große Entlastungen bei der Einkommensteuer führen zu hohen Steuerausfällen. Mit 30 Milliarden Euro ist mindestens zu rechnen. Und klar ist auch: Hohe Einkommen profitieren überproportional, weil sie deutlich mehr Einkommensteuer zahlen. Die einkommensschwächere Hälfte hingegen geht fast leer aus. Vor einem Jahr hatte die Union gar mal erwogen, den Spitzensteuersatz moderat anzuheben. Davon ist nichts mehr zu lesen.
Obendrauf kommt: Die Pendlerpauschale soll steigen, Überstundenzuschläge steuerfrei werden, wenn man Vollzeit arbeitet, und haushaltsnahe Dienstleistungen stärker abgesetzt werden können. Auch das mindert die Einkommensteuerlast, wovon hohe Einkommen überproportional profitieren. Ungerecht ist dazu die Überstundenregelung für diejenigen, die nicht Vollzeit arbeiten können, weil sie sich um das Kind oder die pflegebedürftige Mutter kümmern müssen, aber dennoch im Betrieb Überstunden leisten.
Auch der Solidaritätszuschlag soll vollständig abgeschafft werden. Bisher zahlen nur noch die zehn Prozent Bestverdiener den Soli. Wobei der Soli vorallem die Spitzenverdiener belastet: 88 Prozent des Aufkommens kommen von den obersten fünf Prozent und allein 61 Prozent vom obersten ein Prozent. Genau die würden bei einer Streichung entlastet. Kostenpunkt: 12,5 Milliarden Euro.
Die Beitragsquote für Sozialversicherungen soll sich „wieder auf die 40 Prozent hinbewegen“, steht im Programm. Wie genau und bis wann genau, aber nicht. Gleichzeitig lehnt die Union Rentenkürzungen ebenso ab wie ein späteres Renteneintrittsalter und will die Beiträge stabil halten. Um die Beiträge zu drücken, ohne die Leistungen zu kürzen, bräuchte es deutlich größere Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt. Sowohl an die Rentenkasse wie auch an die Pflege- und Krankenkassen. Und zwar in zweistelliger Milliardenhöhe. Übrigens: Selbst ohne die geplante Rentenreform der Ampel sieht die Gesetzeslage vor, dass die Rentenbeiträge 2028 von 18,6 auf 19,7 Prozent steigen, um das Rentenniveau von 48 Prozent zu finanzieren. Man darf auf die Wahlkampfformate gespannt sein, in denen Friedrich Merz erklärt, wie das aufgehen soll. Für den Moment bleibt: ein Fragezeichen.
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