Das falsche Versprechen der 4-Tage-Woche
Warum hinter der 4-Tage-Woche ein unerfüllbares Versprechen liegt
Vier Tage Arbeit, drei Tage frei: Das wär’s, oder? In einer neuen Umfragen sind 73 Prozent dafür, bei den Befragten unter 30 sogar 90 Prozent. Gerade die Jungen wollen also Zeit statt Lohn, könnte man meinen. Am 1. Mai, am Tag der Arbeit, wurde die Forderung auf Gewerkschaftsdemos deutschlandweit in viele Mikros gebrüllt. Erst Ende letzten Jahres beschloss auch die SPD auf ihrem Debattenkonvent einen Antrag auf 25-Stunden-Woche, die Linke machte sich schon in der letzten Bundestagswahl für die 30-Stunden-Woche stark.
Vorneweg: Natürlich müssen sich Arbeitszeiten immer wieder an den Fortschritt anpassen. 1871 arbeiteten die Deutschen im Schnitt 72 Stunden die Woche, 1913 waren es 55,5 Stunden und seit 1965 haben wir die 40-Stunden-Woche, in der westdeutschen Metallindustrie sogar seit 1995 die 35-Stunden-Woche. Ergo: Je produktiver die Wirtschaft, desto leichter lässt sich Arbeitszeit kürzen. Kein Wunder, denn jeder Einzelne produziert heute in 40 Stunden mehr als früher in 72 Stunden.
Auch passt die kürzere Arbeitszeit besser zum heutigen Lebensstil junger Familien, in denen beide Elternteile berufstätig sein wollen. Wenn Fachkräfte fehlen, macht eine kürzere Vollzeit Jobs attraktiver. In der Friseurbranche geht der Trend gerade zur Vier-Tage-Woche, weil viele Firmen um knappen Nachwuchs konkurrieren. Bei Technologie-Firmen ist sie auch längst angekommen. In beiden Fällen wird aus der Not eine Tugend.
Kürzt man Arbeitszeit, fällt außerdem nicht zwangsläufig in gleichem Maße der Output. Verdichtung von Arbeitszeit und längere Erholung, zum Beispiel durch drei Tage Wochenende, können versteckte Produktivitätspotenziale hervorkitzeln. Und sogar gut fürs Klima sein, wenn wir als Gesellschaft Produktivität für Freizeit statt Konsum nutzen. So weit, so klar.
Wer allerdings mit der Arbeitszeitverkürzung neue Jobs schaffen oder gar mit ihr in eine Abwehrschlacht gegen Roboter, KI und technologischen Fortschritt ziehen will – aus Angst vor Rationalisierungen –, der setzt auf das falsche Ross. Linken Parteien droht ein noch größerer Bedeutungsschwund, wenn sie Arbeit gerechter verteilen wollen, ohne die negativen Folgen für die gesamtwirtschaftliche Dynamik und die Arbeitslosigkeit zu bedenken.
Roboter schaffen keine Arbeitslosigkeit
Schon die Grundannahme in dieser Debatte ist falsch. Man fürchtet, uns gehe die Arbeit aus, wenn Unternehmen Arbeitsabläufe rationalisieren und damit produktiver werden. Das stimmt aber nicht. Zumindest nicht makroökonomisch.
Mit einem 7-tägigen kostenlosen Probeabonnement weiterlesen
Abonnieren Sie Geld für die Welt, um diesen Post weiterzulesen und Sie erhalten 7 Tage kostenlosen Zugang zum gesamten Post-Archiv.