Ein Kaffee reicht nicht, Herr Lindner!
Die Zahlen beweisen, dass die Wirtschaft kriselt, weil die Regierung geizt und den Menschen die Kaufkraft fehlt. Die Konjunktur braucht wieder eine Bazooka!
Deutschland sei kein kranker Mann, sondern ein müder Mann nach einer kurzen Nacht, witzelt Christian Lindner bei seinem Auftritt auf dem Weltwirtschaftsforum. »Und jetzt haben wir eine gute Tasse Kaffee, das heißt, Strukturreformen, und dann werden wir wirtschaftlich weiter erfolgreich sein«, so der Finanzminister weiter. Wäre ja schön, wenn das gelänge; nur: so einfach ist die Welt leider nicht. Denn die Ampel hat ein Problem: In ihrem Haushalt sind die Kaffeebohnen knapp, und kein Minister will neue holen. Aus dem Automaten läuft deshalb längst nur noch dünne Plörre. Das ist nicht nur ungenießbar, davon wird auch niemand wach.
Sein Kollege aus dem Wirtschaftsministerium, Robert Habeck, sitzt derweil am neuen Jahreswirtschaftsbericht, der Ende des Monats veröffentlicht wird. Laut Spiegel will Habeck die Wachstumsprognose der Bundesregierung für 2024 merklich nach unten korrigieren, auf unter ein Prozent. Vor einem Jahr noch ging die Regierung von 1,8 Prozent Wachstum aus, im Herbst immerhin noch von 1,3 Prozent.
Warum lahmt die Wirtschaft eigentlich? Ich weiß, unangenehme Frage für die Ampel. Aus ihrer Sicht kann sie selbst nämlich nur wenig für die lahme Wirtschaft. Vielmehr schiebt sie die Schuld auf andere. Auf die EZB mit ihren hohen Zinsen (die jeder Ampel-Minister gutheißt und nicht einer kritisiert). Auf die Chinesen, die weniger Exporte abnehmen, weil die chinesische Wirtschaft nicht so gut läuft. Auf Putin, der noch immer den schrecklichen Krieg in der Ukraine führt. Oder die vermeintlichen Fachkräfte, die ganz plötzlich überall fehlen. Für sich genommen alles nicht falsch, aber: auch nicht das ganze Bild. Sondern nur ein Ausschnitt, mit dem die Ampel die Realität verweigert, um sich selbst zu inszenieren.
Erde an die Ampel: weniger Erbsen zählen, mehr Geld ausgeben!
Mal konkret: Natürlich leidet die Baubranche massiv unter den hohen Zinsen. Ihre Investitionen sind letztes Jahr preisbereinigt um 2,1 Prozent gefallen. Von Januar bis November 2023 sank die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 25,9 Prozent oder 83.200 auf 238.500 genehmigte Wohnungen. Und natürlich leidet die Industrie unter hohen Energiepreisen. Im November lag die Produktion noch immer sechs Prozent unter dem Vorkriegsniveau, in der energieintensiven Industrie (Chemie, Glas, Stahl, etc.) sogar 17 Prozent darunter. Außerdem, auch das stimmt, lagen die Exporte nach China im Dezember 13 Prozent unter dem Vorjahr.
Erst Energiekrise, dann Konsumflaute
Was in dem ganzen Bild aber fehlt, und wozu die Ampel schweigt: In Deutschland herrscht Konsumflaute. Aus der kriegsbedingten Energiekrise auf der Angebotsseite ist eine klassische Konsumkrise auf der Nachfrageseite geworden. Es geht also nicht nur um Industrie und Exporte, sondern auch um Bäcker Lutze und den Geldbeutel von Oma Erna. Nicht nur um Strukturreformen und Bürokratieabbau, sondern um Konjunkturpakete und – Achtung: böses Wort! – mehr Schulden.
Ein paar Zahlen zur Konsumflaute: Der private Konsum nahm im Jahr 2023 preisbereinigt um 0,8 % gegenüber dem Vorjahr ab und entfernte sich damit wieder vom Vorkrisenniveau des Jahres 2019. Während in den USA der Konsum wieder zehn Prozent über dem Niveau von 2019 liegt, ist Deutschland noch 1,5 Prozent darunter.
Die Statistiker vom Statistischen Bundesamt erklärten dazu:
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