Wen interessiert die Geldmenge?
Warum Inflation nichts mit der Geldmenge zu tun hat. Teil 4 der Artikelreihe.
Mit mehlbefleckter Schürze steht er an der Küchenzeile. Die Stirn hat Bäcker Lutze in Falten gelegt. Am Laptop läuft der Livestream. Es ist es wieder so weit: Pressekonferenz der Europäischen Zentralbank (EZB). Christine Lagarde, die Präsidentin der EZB, stellt die geldpolitischen Entscheidungen vor. Bäcker Lutze hört ganz genau hin. Wie viel Geld soll wohl gedruckt werden?
Lagarde erklärt: Die Zinsen bleiben unverändert, die Anleihenkäufe werden fortgesetzt, die EZB hält an ihrer Politik fest. Aber halt! Was ist mit der Geldmenge? Soll es mehr oder weniger Geld geben? Dazu sagt Lagarde nichts, stellt Bäcker Lutze trotzig fest. Auch in der Pressemitteilung der EZB steht nichts. Er nimmt sich vor, nach der Arbeit noch mal auf die Website der EZB zu gehen, um nach der Geldmenge zu schauen. Er muss ja schließlich wissen, ob er seine Brötchen teurer machen muss - oder?
Mit der Realität hat das nichts zu tun. Kein Bäcker schaut Pressekonferenzen der EZB oder recherchiert die Veränderung der Geldmenge – und auch sonst kein Unternehmer. Selbst der EZB ist die Geldmenge egal. Deshalb spricht sie auf der Pressekonferenz auch nicht darüber. Das Eingangsbeispiel ist überspitzt, ja klar, aber es soll zeigen, warum Inflation nichts (!) mit Geldmenge zu tun hat.
Liberale, Bitcoin-Befürworter, aber auch einige Marxisten glauben bis heute: Geld verliert an Wert, wenn es mehr davon gibt. Sprich: Gelddrucken führt zur Inflation. Daraus folgen zwei fatale Schlussfolgerungen. Erstens: Die derzeitige Inflationsrate von 4,5 % sei der Beweis, dass die EZB es übertrieben habe. Und zweitens: Ein Staat könne nicht einfach Geld erzeugen, um Ausgaben für Klimaschutz zu tätigen oder Armut zu beenden. Beides ist Unsinn und führt zu schlechter Politik.
Was ist die Geldmenge und was macht sie?
Vereinfacht: Die Geldmenge ist all das Geld in unseren Geldbeuteln und auf unseren Bankkonten. Stell dir vor, wir würden alles Geld von unseren Bankkonten abheben und auf einen Haufen schmeißen. Ein riesiger Haufen! Und jetzt kommt Finanzminister Olaf Scholz mit einer Schubkarre voller 500€-Scheine und schmeißt noch neues Geld hinzu - die Geldmenge steigt also. Passiert dann irgendetwas in der Wirtschaft? Nein! Wie auch? Bäcker Lutze und seine Kollegen bekommen das gar nicht mit.
Es passiert erst etwas in der Wirtschaft, wenn Leute Geld von diesem Haufen wegnehmen und damit Brötchen kaufen. Dann merkt es auch Bäcker Lutze. Und seine Preise?
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