Kann Frankreich nicht sparen?
Warum Frankreich keine Schuldenkrise erlebt und ein Sparkurs gefährlich wäre
Der „Schulden-Strudel scheint kaum aufzuhalten“, prophezeite das ZDF schon vor zwei Tagen. „Frankreich ist unter seiner Schuldenlast zusammengebrochen“, heißt es heute im Business Punk. Premierminister François Bayrou hat seinen Rücktritt bereits offiziell eingereicht. Ziemlich genau ein Jahr, nachdem sein Vorgänger Michel Barnier abgewählt wurde. Beide teilen das gleiche Schicksal: Sie waren mit Sparhaushalten im Parlament gescheitert und verloren anschließend die Vertrauensabstimmung.
Heißt: Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone steckt in einer handfesten Regierungskrise. Präsident Macron ist unter Druck, auf den Straßen drohen Massenproteste. In der Presse ist man sich einig: Ursache sind die hohen Schulden. Seit Jahrzehnten türme Frankreich Schulden auf. Zu wenig Haushaltsdisziplin, zu großer Staatshaushalt, zu viele Schulden, heißt es. Auch Bayrou verglich Frankreich zuletzt mit „einem Schiff, das ein Loch im Rumpf hat und seit 50 Jahren voll Wasser läuft”.
Im Handelsblatt kommentierte Michael Maisch die Lage so:
Letztlich hilft nur eines: Die Regierungen müssen lernen zu sparen, egal, wie politisch schmerzhaft die Einschnitte sind. Die Investoren fordern eine deutlich striktere Haushaltsdisziplin. Fantasievolle Pläne zur Steigerung der Einnahmen, sei es über aggressive Zölle oder über Steuererhöhungen, reichen längst nicht mehr aus, um die Märkte nachhaltig zu beruhigen.
Aber: Stimmt das? Wird Frankreich jetzt das neue Griechenland? Droht gar eine neue Eurokrise? Und: ist knallharte Sparpolitik gegen die Mehrheiten im Parlament und den Willen der Bevölkerung wirklich die Lösung? Hier gibt es den Faktencheck!
Solche Sparprogramme sind ein Konjunkturprogramm für den Rechtsruck.
Wird Frankreich das neue Griechenland?
Nein. Ein Blick auf die Zahlen verrät: der Vergleich mit Griechenland ist maßlos übertrieben. In der Krise musste Griechenland auf zehnjährige Anleihen bis zu 35 Prozent Zinsen zahlen und jeder fünfte Euro aus dem Haushalt ging für Zinskosten drauf. Frankreichs Anleihen rangieren aktuell bei 3,5 Prozent und im Haushalt ist jeder zwanzigste Euro für Zinsen eingeplant.
Die Regierungskrise hat die Risikoprämie auf zehnjährige Anleihen innerhalb eines Tages um 0,07 Prozentpunkte steigen lassen – von 3,4 auf 3,47 Prozent. Zum Vergleich: Als in Deutschland das 500-Milliarden-Schuldenpaket verkündet wurde, stieg die Prämie auf deutschen Anleihen um 0,5 Prozentpunkte – also deutlich stärker als jetzt bei der Regierungskrise in Frankreich. An den Finanzmärkten herrscht keine Panik.
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