So lässt die SPD Mieter im Stich
Scholz versprach „Kanzler für bezahlbares Wohnen“ zu sein. Ob Neubau, Förderung oder Mietpreisbremse: Hier bricht die SPD ihre Versprechen
„Jetzt faire Mieten wählen“ plakatierte die SPD im Wahlkampf 2021. Auf großen Plakaten hockte Scholz neben dem Slogan „Kanzler für bezahlbares Wohnen“. In den Koalitionsvertrag mit FDP und Grünen hat er sogar ein eigenes Bauministerium reinverhandelt, dazu ambitionierte Neubauziele, eine Verlängerung der Mietpreisbremse und eine Absenkung der Kappungsgrenze. Heute, drei Jahre später, im letzten Jahr der Legislatur, steht fest: Die Bilanz ist ernüchtern. Die Versprechen waren das Papier nicht wert, auf das sie gedruckt worden.
Die SPD will die Partei der Mieter sein. Mit Geywitz und Scholz werden sie aber zu Handlagern der ohnehin übermächtigen Vermieter.
Wohnungsmangel und Förderwüste
Statt 400.000 neuer Wohnungen pro Jahr werden es bald drei Jahre lang nicht einmal 300.000 gewesen sein, und am Legislaturende mindestens 400.000 weniger als versprochen. Noch dramatischer ist die Verfehlung bei den Sozialwohnungen, 100.000 pro Jahr hat Scholz versprochen, aber nur bisher ein Viertel davon geliefert, etwa 25.000 pro Jahr – weniger als die Große Koalition vorher und weniger als alte Sozialwohnungen aus der Preisbindung gefallen sind. Der Bestand an Sozialwohnungen ist unter dem „Kanzler für bezahlbares Wohnen“ also gefallen. Wohlgemerkt während nach Berechnungen der Wohnungsbauexperten des Pestel-Instituts bundesweit aktuell mehr als 910.000 Sozialwohnungen fehlen.
Ein Sondervermögen oder eine Kapitalspritze für die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) lehnte die Bauministerin Geywitz ab, weil sie der Schuldenbremse verfassungstreu bleiben wolle. Dabei ist das eine denkbar faule Ausrede, denn beide Konstrukte sind explizit mit der Schuldenbremse vereinbar. Geywitz gibt sich staatstragend, aber veräppelt die aufgeklärte Bevölkerung – anders kann man es nicht sagen.
Man fragt sich: Wofür genau wollte die SPD eigentlich ein eigenes Bauministerium? Hatte Scholz bei der heutigen Bauministerin Clara Geywitz noch etwas gut zu machen? 2019 traten die zwei immerhin gemeinsam für den SPD-Vorsitz an – und scheiterten. Gegen Esken und Walter-Borjans, die Scholz wiederum 2021 zum Spitzenkandidaten machten (und sicher heute bereuen).
Das gutlaufende Baukindergeld hat Geywitz 2023 abgeschafft und durch ein eigenes Förderprogramm ersetzt: „Wohneigentum für Familien“. Das neue Programm war aber deutlich schlechter. Statt mehr als zwei Milliarden waren nur 350 Millionen Euro im Fördertopf, statt Zuschüssen gab es nur günstigere Kredite, dazu waren die Einkommensgrenzen niedriger und die Effizienzauflagen höher. Ergebnis: Zwei Monate nach Einführung gab es nur lächerliche 104 Anträge. Ein Flop. Immerhin: Zum Jahreswechsel gestand sich Geywitz den Fehler ein und lockerte die Auflagen, ohne allerdings die Fördersumme wesentlich zu erhöhen. Im Vergleich zum Baukindergeld bleibt das Programm aber ein Downgrade. Typische Mittelschichtsfamilien fallen dem zum Opfer. Eigentlich doch SPD-Kernklientel oder nicht, Frau Geywitz?
Trauerspiel Mietpreisbremse
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