Trump schafft seine eigene ökonomische Realität
Donald Trump macht einen fanatischen Anhänger zum Chef der Statistikbehörde?
Man stelle sich vor: Bundeskanzler Merz würde die Chefin des Statistischen Bundesamts feuern, weil ihm die neuesten Arbeitsmarktdaten nicht ins politische Drehbuch passten. Und sie dann durch den Chefvolkswirt der neoliberalen Denkfabrik Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ersetzen. Um „wahre“ Zahlen zu bekommen, die das gewünschte Märchen erzählen: Die Wirtschaft boome. Klingt nach einer dystopischen Fantasie – ist aber in den USA bereits Realität.
Ein Haken im Project 2025
Trump hat Erika McEntarfer als Chefin des Bureau of Labor Statistics (BLS) gefeuert, nachdem ein BLS-Bericht schwaches Beschäftigungswachstum im Juli und erhebliche Abwärtskorrekturen für die beiden Vormonate gezeigt hatte. Ohne Beweise hatte er sie bezichtigt, die Daten zu Trumps Ungunsten zu manipulieren. Und als Nachfolger den Chefvolkswirt der größten und wichtigsten rechten Denkfabrik der USA nominiert – E. J. Antoni von der Heritage Foundation.
Damit hat Trump einen weiteren Haken in das Project-2025-Playbook gesetzt. Also in den rechten Masterplan zum Umbau der Regierung und dem Aushöhlen der Demokratie, der – was ein Zufall! – von der Heritage Foundation stammt und zu deren Verfassern – oh, noch ein Zufall! – auch E. J. Antoni gehört. Einer der wichtigsten Kernpunkte: das Besetzen öffentlicher Ämter mit loyalen Trump-Jüngern. Antoni ist der perfekte Kandidat – stramm loyal, ideologisch gefestigt, fachlich zweifelhaft. Check!
Besonders brisant: Antoni bewarb sich quasi selbst. Zu Gast beim einflussreichen Podcast „War Room“ vom ehemaligen Trump-Berater Steve Bannon kritisierte er den neuen Bericht mit schlechten Arbeitsmarktzahlen als falsch und manipuliert. „Was zur Hölle ist da los?“, fragte Bannon und wollte ganz unverhohlen von Antoni wissen: „Haben wir unsere eigene Person ins BLS gesetzt? Führt bereits ein MAGA-Republikaner, den Präsident Trump kennt und dem er vertraut, das Bureau of Labour Statistics?“.
Worauf Antoni antwortete: „Nein Steve, leider sind wir noch nicht soweit!“. Betonung auf „noch“. Wenige Stunden später: Rauswurf von McEntarfer. Zehn Tage später: Nominierung von Antoni. Trump kommentierte, Antoni werde „ehrliche und akkurate“ Zahlen liefern. Ehrlich? Akkurat? Eher: politisch genehm.
Ein peinlich schlechter Ökonom
Wie „akkurat“ Antoni arbeitet, hat er im Juli unter Beweis gestellt, als er die Importpreisstatistik peinlicherweise fehlinterpretierte. Dass die Importpreise nicht stiegen, sah er nämlich als Beweis dafür, dass Trumps Zölle nicht von ausländischen Firmen an US-Unternehmen und letztlich US-Verbraucher weitergegeben würden. Ein wichtiger Punkt für die Trump-Propaganda.
Der Haken: Zölle werden in dieser Statistik explizit herausgerechnet, um die Importpreise „an der Grenze“ zu messen – bevor der Staat Zölle erhebt. Trumps Zölle können also gar nicht so in der Statistik auftauchen, die Antoni als Beweis nutzt. Für jemanden, der die Behörde leiten will, die diese Statistik erstellt, ein peinlicher Fehler. Man sollte meinen: ein für dieses Amt unverzeihlicher, ja sogar disqualifizierender Fehler.
Zumal die Tatsache, dass die Importpreise trotz der Zölle stabil geblieben sind, eher auf das Gegenteil hindeutet. Die ausländischen Exporteure tragen die Zollkosten ja offensichtlich nicht, indem sie die Exportpreise senken; folglich bleibt die Last bei den Importeuren und den Verbrauchern hängen. Die große Frage: Was passiert wohl mit der Importpreisstatistik, wenn die BLS-Mitarbeiter das ihrem neuen Chef erklärt haben? Wenn Trumps Zölle also – anders als versprochen – offensichtlich der eigenen Wirtschaft und den US-Verbrauchern schaden.
Politik im Blindflug
Trump will also nicht nur einen fanatischen Anhänger, sondern auch einen schlechten Ökonomen an der Spitze der Statistikbehörde installieren. Damit untergräbt er die Unabhängigkeit und die Seriosität einer der wichtigsten und renommiertesten Institutionen der US-Wirtschaft. Und das hat Konsequenzen weit über die USA hinaus. Immerhin liefert die Behörde Daten über die größte Volkswirtschaft der Welt, mit der der Rest der Welt handelt und in die der Rest der Welt investiert. Die Daten der BLS bilden eine unersetzliche Arbeitsgrundlage für die Regierung, für die Notenbank und auch für Investoren.
Gute Politik ist von guten Daten abhängig. Genauso wie ein Pilot sich auf die Informationen über Flughöhe und Geschwindigkeit verlassen muss, muss sich die Regierung und die Wirtschaft auf gute Daten über die Konjunktur verlassen, um vernünftige Entscheidungen zu treffen.
Das Problem: Donald Trump denkt diese Entscheidung aber vom Ende her. Er will eine boomende Wirtschaft attestiert bekommen, um bei seinen Wählern zu punkten. Und bloß keine Beweise, sollten seine Zölle tatsächlich die Verbraucherpreise in den USA in die Höhe treiben. Deshalb nimmt er über Antoni jetzt Einfluss auf die Statistik. Großes Wachstum bei kleinen Preisen war sein zentrales Wahlversprechen. Und im Zweifel schafft Trump sich über seine Getreuen in den wichtigen Ämtern seine eigene ökonomische Realität. Eine besorgniserregende Entwicklung. Wo soll das nur hinführen?
Ist das peinlich!
Trump verwandelt die USA immer mehr in einen stalinistischen Staat. Man ist fassungslos....