Energiewende braucht keine grünen Zufallsgewinne
Warum die Strompreisbremse den Ausbau der Erneuerbaren nicht hindert.
»Merke: Zufallsgewinnsteuer in der Ampel nur machbar, wenn EE [Erneuerbarer Energie] Unternehmen betroffen sind (negative EEG Umlage)«, twittert Deutschlands bekannteste Energieökonomin, als die Ampel ihr drittes Entlastungspaket vorstellt. Claudia Kemfert leitet die Abteilung »Energie, Verkehr und Umwelt« am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Ihr etwas kryptischer Tweet ist eine Kritik an dem mutigsten Teil des Entlastungspaketes. Die Ampel will die gigantischen Gewinne derer abschöpfen, die Strom ohne Gas produzieren, aber zu gleichen Preisen wie Gaskraftwerke verkaufen. Das Geld soll aber nicht in den Bundeshaushalt fließen, sondern die Stromrechnungen der Verbraucher kürzen. Das ist auch bitternötig.
Kanzler Scholz sprach deshalb von der »umgekehrten EEG-Umlage«. Die EEG-Umlage hat die Stromrechnung jahrelang verlängert, um Ökostrom zu finanzieren, jetzt soll die Methode umgekehrt genutzt werden, um Rechnungen zu kürzen. Kemfert hatte das wohl falsch verstanden. Denn abgeschöpft werden sollen Gewinne von allen, die Strom ohne Gas produzieren, also auch Atom-, Kohle- und Ölkraftwerke, nicht nur Erneuerbare wie Wind- und Solarkraftwerke. Lediglich die Methode wird kopiert.
»Wir werden eine Erlösobergrenze für diejenigen auf dem Strommarkt festsetzen, die nicht die hohen Gaspreise bezahlen müssen, die also Strom produzieren mit Windenergie, Solarenergie, Biomasse, Kohlekraft oder Nuklearenergie. Wir werden dafür sorgen, dass keine solchen übermäßigen Gewinne weiter genutzt werden können, indem wir sie gewissermaßen abschöpfen, so wie das bei der EEG-Umlage der Fall ist, nur umgekehrt«, so Scholz.
Die Vorschläge der EU gehen in die gleiche Richtung. Firmen, die Strom nicht aus Gas herstellen, müssen demnächst alle Einnahmen ab einem Preis von 180 Euro pro Megawattstunde an den Staat abgeben. Schadet das nicht dem Ausbau der Erneuerbaren?
Falsche Sorgen
Hinter Kemferts Tweet steckt noch eine andere Kritik, die sich auch viele Klimaaktivisten zu eigen gemacht haben. Grüne Zufallsgewinne abzuschöpfen, sei falsch, weil damit der Ausbau von Erneuerbaren Energie blockiert werde. Betreiber von Windkraftanlagen etwa brauchen den Profitanreiz und das Geld, um ganz schnell ganz viel in neue Anlagen zu investieren, so die Kritiker der Strompreisbremse. Genau das hat Christian Lindner auch wochenlang vorgetragen und wurde dafür noch kritisiert, weil er das als faule Ausrede gegen eine generelle Übergewinnsteuer nutze. Die Kritik an Lindner war richtig. Nur weil die Ampel sich aber nicht an die Übergewinne der Ölkonzerne traut, macht das die Obergrenze am Strommarkt nicht falsch. Schon gar nicht mit Lindners ausgelatschtem Argument.
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