10 ökonomische Gründe gegen die AfD
Darum ist das AfD-Programm schlecht für Wirtschaft und Beschäftigte
Zugegeben: Die Ampel hat der AfD den Abgesang auf die deutsche Wirtschaft einfach gemacht. Die Energiepreise sind hoch, die Menschen sind ärmer geworden, die Wirtschaft lahmt, die Arbeitslosigkeit steigt. Wenn die AfD also vor Deindustrialisierung, Inflation und Rezession warnt, hat sie die Statistik auf ihrer Seite.
Das aber heißt nicht, dass sie die Ursachen für diese Probleme immer richtig beschreibt. Und schon gar nicht, dass sie Lösungen dafür hat. Im Gegenteil: Würde das AfD-Programm umgesetzt, würde das die Lage gar verschlimmern, wie die zehn folgenden Punkte zeigen.
Erstens will die AfD aus dem Euro austreten. Weil aber die neue eigene Währung sofort massiv aufwerten würde, – vielleicht 15, vielleicht auch 30 Prozent – verteuerten sich alle deutschen Exporte um genau diesen Betrag. Autos von VW, Maschinen von Siemens oder Software von SAP: Alles würde schlagartig teurer auf dem Weltmarkt – und dadurch weniger verkauft. Deutschland hat aber letztes Jahr Waren im Wert von 1,6 Billionen Euro in das Ausland exportiert. Das entspricht fast der Hälfte der deutschen Wirtschaftsleistung, die dann einbräche. Ohne Zweifel: Der ökonomische Schaden wäre größer als der Energiepreisschock durch Putins Überfall auf die Ukraine!
Zweitens will die AfD auch aus der EU aussteigen. Das Ifo-Institut hat anhand der Brexit-Folgen errechnet, was ein Dexit für die deutsche Wirtschaft bedeuten könnte. Das Ergebnis: Fünf Jahre nach dem Dexit gäbe es sechs Prozent weniger Wirtschaftsleistung, 690 Milliarden Euro verlorene Wertschöpfung und 2,5 Millionen mehr Arbeitslose. Und da sind die Konsequenzen aus dem Währungswechsel noch gar nicht eingerechnet. Nimmt man beides zusammen, wäre der Schaden noch viel größer.
Drittens hat die AfD ein Steuerprogramm für Spitzenverdiener und Reiche. Den Soli und die Erbschaftsteuer zu streichen sowie die Unternehmensteuer zu senken, entlastet fast ausschließlich die reichsten zehn Prozent. Kleine und mittleren Einkommen haben davon nichts. Überhaupt gehen laut Berechnung des DIW rund 40 Prozent aller AfD-Entlastungen an die reichsten zehn Prozent. Dazu kommt: die wenigen Entlastungen für die ärmere Hälfte gehen entweder zulasten der Demokratie (Abschaffung des Rundfunkbeitrags) oder zulasten des Klimaschutzes (Abschaffung Co2-Bepreisung).
Viertens ist das Programm der AfD nicht finanzierbar, wenn gleichzeitig die Schuldenbremse eingehalten werden soll – oder, wie Alice Weidel fordert, der Staat sogar „gar keine neuen Schulden mehr“ machen solle. Laut DIW beträgt das Finanzierungsloch 181 Milliarden Euro und laut IW 149 Milliarden Euro. AfD-Chef Chrupalla behauptet zwar, 130 Milliarden Euro anderswo einsparen zu können, kann aber nicht auflisten, wo und wie genau (siehe dazu auch mein Duell mit ihm hier).
Fünftens will die AfD radikale Kürzungen im Sozialstaat – und zwar: für alle, auch für dich! Bekannt ist vielen sicher, dass die AfD die Gelder für Asylbewerber und Bürgergeldbezieher kürzen will. Wie viel genau, sagt sie aber nicht. Die Leistungen entsprechen aber schon heute dem verfassungsrechtlichen Existenzminimum. Drastische Kürzungen sind also rechtlich nicht umsetzbar. Außerdem wären solche Kürzungen schlecht für die Wirtschaft. Denn jeder Euro, den der Staat an arme Menschen überweist, wird von denen wieder ausgegeben und in die Geschäfte getragen. Die Axt am Sozialstaat würde auch die Nachfrage beschneiden und die Wirtschaft ausbremsen.
Weniger bekannt ist, dass die AfD neben dem Bürgergeld auch beim Arbeitslosengeld 1 (ALG1) einsparen will. Wer arbeitslos wird, muss laut AfD-Programm vorher mindestens drei Jahre eingezahlt haben, um überhaupt ALG1 zu bekommen – und bekommt das dann auch nur für sechs Monate. Zum Vergleich: Heute gibt es bereits nach einem Beitragsjahr, sechs Monate ALG1; und nach zwei Beitragsjahren, ein Jahr ALG1. Bei der AfD müsste man 15 Jahre voll eingezahlt haben, um Anspruch auf ein Jahr ALG1 zu haben. Die AfD kürzt also allen Arbeitnehmern radikal die Versicherungsleistung.
Dazu kommt: Wer selbst seinen Job kündigt, soll gar keinen Anspruch haben und direkt in das Bürgergeld fallen. Bisher gilt: Wer ohne triftigen Grund kündigt, kann maximal drei Monate für das ALG1 gesperrt werden. Die AfD würde mit der Änderung die Macht von Arbeitnehmern am Arbeitsmarkt massiv einschränken und Arbeitgeber bevorteilen.
Sechstens setzt sich die AfD nicht dafür ein, dass der Mindestlohn steigt; geschweige denn, dass er armutsfest wird. Dafür müsste er dieses Jahr auf 15 Euro angehoben werden, wovon knapp zehn Millionen Beschäftigte profitieren würden. Früher hat sich die AfD explizit gegen den Mindestlohn ausgesprochen, mittlerweile verweist sie nur noch im Grundsatzprogramm darauf, dass die Mindestlohnkommission die Höhe entscheiden solle. Im Wahlprogramm findet sich zum Mindestlohn von der AfD gar nichts. Im Bundestag aber hat sie in der letzten Legislatur gegen die Anhebung auf 14 Euro gestimmt. Fest steht: Wer wenig verdient, wird durch die AfD nicht mehr verdienen.
Siebtens ist die AfD der Feind der Gewerkschaften. Sie will das Streikrecht einschränken, ist gegen die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen und hat das Tariftreuegesetz abgelehnt. Das Gesetz hätte den Staat dazu verpflichtet, öffentliche Aufträge nur an Unternehmen zu vergeben, die auch Tariflöhne zahlen. Auch stimmte die AfD im Bundestag gegen die Corona-Sonderprämie für Pfleger, Erzieher und Verkäufer – also all jene, die sich während der Pandemie besonders in den Dienst der Gesellschaft stellten. Kurzum: Als Arbeitnehmer hat man von der AfD keine Unterstützung für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne zu erwarten.
Achtens ist die AfD gegen die Mietpreisbremse, um Mieter vor Wucherverträgen zu schützen. Auch von sozialem Wohnungsbau hält die AfD nichts. In Thüringen stimmte sie als einzige Partei neben der FDP gegen eine feste Quote von Sozialwohnungen bei großen Wohnungsbauprojekten und auch im Wahlprogramm spricht sie sich gegen sozialen Wohnungsbau aus.
Neuntens schadet die Fremdenfeindlichkeit der AfD dem Standort Deutschland. Die AfD macht nicht nur Stimmung gegen ausländische Mitbürger, sondern will sie auch materiell schlechter stellen. Ein Beispiel: Anspruch auf Bürgergeld soll es für Ausländer nur geben, wenn vorher zehn Jahre sozialversicherungspflichtig gearbeitet wurde. Anderes Beispiel: Bei der Vergabe von Grundstücken und Wohnraum will die AfD „Einheimische“ bevorzugen.
Als alternde Gesellschaft ist Deutschland aber auf Zuwanderung und Integration angewiesen. In vielen Jobs läuft ohne Zuwanderer nichts. Bekanntes Beispiel: Jeder vierte Beschäftigte im Gesundheitssystem hat schon heute eine Migrationsgeschichte. Ohne diese Beschäftigten wäre das System längst kollabiert. Die AfD würde den Fachkräftemangel verschärfen und damit den Wohlstand gefährden.
Zehntens will die AfD auf Strom aus Kohle, Gas und Kernkraft statt aus erneuerbaren Quellen setzen. Das gefährdet nicht nur die Klimaziele, sondern verteuert auch den Strompreis. Denn die Gestehungskosten für Strom aus Kohle, Gas und Kernkraft liegen deutlich über denen aus Wind und Solar. Dass Deutschland sich mit erneuerbaren Energien auch unabhängiger von Autokratien wie Russland oder Katar machen könnte, ignoriert die AfD. Ebenso die Tatsache, dass Russland die Pipeline Nordstream abgedreht hat – und nicht Deutschland. Auch hat die AfD keinen Plan für den Bau neuer Atommeiler. Weder kann sie sagen, wo die gebaut werden sollen, wer das bezahlen und versichern soll, wie viel sie kosten würden – noch wo der Atommüll gelagert werden soll.
Fazit: Die AfD ist nicht die Alternative, sondern der Abstieg für Deutschland. Und sie ist nicht der Freund, sondern der Feind der Beschäftigten mit kleinen und mittleren Einkommen.
Toller Beitrag. Hoffe du kannst dazu auch ein Video machen. Das müssen die Leute wissen!
"Abstieg für Deutschland" bringt es wirklich auf den Punkt. Sollte man zum Kampfbegriff machen.