Das Trump-Dilemma für “Mr. Too Late”
Warum Trump mit dem Zentralbankchef streitet und die Zinspolitik vor ein Dilemma stellt
Wo Trump Politik macht, zettelt er Konflikte an. Ob Zollstreit gegen den Rest der Welt oder Zinsärger mit der eigenen Zentralbank. Nur gibt der Chef der US-Zentralbank, Jerome Powell, in der Zinspolitik genauso wenig klein bei wie China bei der Zollpolitik. In Powell findet Trump, der sich in dieser Amtszeit nur mit Ja-Sagern umgibt, einen der wenigen Nein-Sager.
Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil Powell 2017 von Trump selbst zum Zentralbankchef gemacht wurde. Weil Biden Powell für eine zweite Amtszeit nominiert hat, gibt es jetzt das konfliktträchtige Wiedersehen. Trump will, dass Powell die Zinsen senkt, damit die US-Wirtschaft schneller wächst. Er hat sogar mit dem Rausschmiss gedroht und Powell als „Mr. Too Late“ und „Loser“ bezeichnet. Rausschmeißen kann Trump ihn aber nicht.
Powell hingegen will sich von Trump nichts vorschreiben lassen und kritisiert seine Politik – besonders die Zölle sind ihm ein Dorn im Auge. Weil die Zölle höher ausfallen als erwartet, werden auch die ökonomischen Folgen größer als erwartet, warnte Powell neulich in seiner Rede in Bezug auf die Zölle. Konkret: weniger Wachstum und höhere Inflation. Schon im ersten Quartal hat sich das US-Wachstum von fast drei auf 0,3 Prozent verlangsamt und führende Wirtschaftsinstitute ihre Wachstumsprognose heruntergeschraubt. Der IWF hat die Prognose sogar um ein ganzes Prozentpunkt nach unten korrigiert. Was für die US-Wirtschaft bedeutete: rund 290 Milliarden US-Dollar weniger Einkommen – fast 1.000 US-Dollar pro Kopf!
Die Zinsen müssten hoch und runter zugleich
Und genau das ist für die US-Zentralbank ein großes Problem. Denn anders als die Europäische Zentralbank, die nur die Inflation in Schach halten soll, hat die US-Zentralbank ein doppeltes Mandat: niedrige Inflation und (!) niedrige Arbeitslosigkeit. Oder anders gesagt: stabile Preise und größtmögliches Wachstum. Trumps Zollpolitik aber bringt das Gegenteil und damit ein Dilemma für Powell und die Zentralbank. Denn nach der neoklassischen Theorie müsste er einerseits die Zinsen senken, um das Wachstum anzukurbeln; aber andererseits die Zinsen anheben, um die Inflation in Schach zu halten.
Powell gab die knifflige Lage in seiner Rede sogar zu: „Wir könnten uns in der schwierigen Situation wiederfinden, in der unsere beiden Mandate (stabile Preise und Vollbeschäftigung) in Konflikt geraten“. Er will die Zinsen also erst anpassen, wenn absehbar ist, wie hoch die Zölle wirklich ausfallen und welche Auswirkungen sie haben. Ein politisches Problem für Trump, der mit Wachstum bei seinen Wählern punkten und über niedrigere Zinsen Kosten im Haushalt einsparen will.
Macht es Trump wie Erdoğan?
Powell machte in seiner Rede ökonomisch einen wichtigen Punkt. Und zwar, dass die Zölle nicht per se Inflation bedeuten, sondern erstmal nur eine einmalige Anhebung des Preisniveaus. Inflation meint einen dauerhaften und sich selbst verstärkenden Preisauftrieb, keine Einmaleffekte. Das ist ein wichtiger Unterschied, auf den ich schon während der Energiekrise immer wieder hingewiesen habe – und der in der neoklassischen Theorie zu kurz kommt.
Zölle wirken ähnlich wie eine Anhebung der Mehrwertsteuer oder ein schockartiger Anstieg der Energiepreise (Stichwort: Ukraine-Krieg), weil sie die Preise mit einem Mal auf ein neues Level hieven; aber eben nicht wiederkehrend. Entscheidend sei also, so Powell, dass aus dem einmaligen Preisanstieg keine dauerhafte Inflation werde. Nur: Das kann die Zentralbank nicht über den Zins sicherstellen. Dieses Eingeständnis fehlt Powells Rede.
Er hätte an die Finanzpolitik von Trump oder die Lohnpolitik der Gewerkschaften appellieren und die Überforderung der Zentralbank zugestehen müssen. Denn nur steuerliche Entlastungen, Sozialtransfers und zielgenaue Lohnerhöhungen können dafür sorgen, dass die verlorene Kaufkraft durch die Zölle so kompensiert wird, dass keine Lohn-Preis-Spirale losgetreten wird.
Und der Machtkampf zwischen Trump und Powell? Der wird weitergehen. Allerdings wohl nur noch ein Jahr. Denn im Frühjahr 2026 endet die Amtszeit von Powell. Dann wird Trump aller Voraussicht nach einen Erfüllungsgehilfen auf dem Chefposten der Zentralbank installieren – und die Zinspolitik per Zuruf an einen Ja-Sager steuern wie Erdoğan in der Türkei. Ein ökonomisches Experiment – und das Labor ist ausgerechnet die größte Volkswirtschaft und die wichtigste Währung der Welt!
Powell wenn er schlau wäre: Trump ein Jahr lang nach der Nase tanzen, wiedergewählt werden und dann 4 Jahre auf die Bremse drücken. 🤣
Die neoklassische Ideologie mag es nicht zugeben trotz vorliegender Realität!
Eine Zentralbank kann mit ihren Mitteln weder das Preisniveau noch das Beschäftigungsniveau beeinflussen.
Das Preisniveau wird im Wesentlichen durch den Wettbewerb der Unternehmen bestimmt. Hier haben die Großkonzerne selbiges erfolgreich ausgeschaltet und bestimmen die Preise monopolartig nach ihren Vorstellungen.
Das Beschäftigungsniveau eines Landes wird von der Nachfrage ihrer heimischen Produkte bestimmt. Hier werden die Zölle sicherlich eine Verschiebung in Richtung heimischer Produkte bewirken, da diese plötzlich preislich attraktiver werden. Auch abgewanderte Industrien könnten sich wieder in den USA etablieren. Diese Effekte beschreibt Heiner Flassbeck in seinen Beiträgen sehr treffend.
Beide Sachverhalte kann eine ZB mit ihren Mitteln praktisch nicht beeinflussen.
Die Wirtschaft wird mit dem Buchgeld der Geschäftsbanken und nicht mit dem Buchgeld der ZB betrieben. Die GBs erzeugen ihr Giralgeld völlig unabhängig von den Reserven der ZB. Besonders gern für ihre Eigengeschäfte auf den Finanzmärkten.
Die so hoch gehängte Zinssteuerung der ZB entspricht in ihrer Wirkung dem Märchen „von des Kaisers neuen Kleidern“! Diese Zinsen kann die ZB doch nur für ihre Kredite an GBs verlangen und müssen dann mit Reserven (Tilgung und Zinsen) zurückgezahlt werden. GBs erzeugen für ihre Ausgaben (Kreditvergaben und alle übrigen Ausgaben) das erforderliche Geld per Eigenschöpfung. Ihre Zinssätze sind im Prinzip völlig unabhängig von dem Zinssatz der ZB. Die Zinseinnahmen einer GB erfolgen in Giralgeld und können von der GB nicht zur Bezahlung von ZB-Zinsen genutzt werden. Ein Sachverhalt der gerne übersehen wird!