Geschäftsmodell Altenpflege und das Versagen der Politik
Eine exklusive Leseprobe aus Patrick Schreiners neuem Buch »Nichts für alle«
In der Altenpflege sind Teilzeitstellen der Normalfall. Bei ambulanten Pflegediensten beträgt die Teilzeitquote über 68 Prozent, in Pflegeheimen über 63 Prozent. Das hat System, wie Jasmin Frehm feststellen musste, als sie bei einem ambulanten Pflegedienst kündigte: »Mein Chef wollte mich durchaus halten.« Er habe sofort mehr Geld angeboten. Ihr aber sei es um eine längere Arbeitszeit gegangen. Die gewünschte Vollzeitstelle verweigerte der Vorgesetzte, fügt Frehm hinzu: »Er sagte klar, dass es im mobilen Dienst keine 100-Prozent-Stellen gibt.«
Für Arbeitgeber haben Teilzeitstellen den Vorteil, dass sie die Beschäftigten flexibler einsetzen können. Insbesondere Arbeitsspitzen und krankheitsbedingte Ausfälle lassen sich so besser ausgleichen. Zudem wünschen die meisten Klientinnen und Klienten vor allem der ambulanten Dienste, dass die Pflegekräfte sie früh am Morgen oder am späten Nachmittag besuchen. Im Tagesablauf ergibt sich bei diesen sogenannten geteilten Diensten eine Lücke am Mittag und frühen Nachmittag; die Diensteinsätze sind deutlich kürzer als die für Vollzeit üblichen sieben oder acht Stunden. Mit Beschäftigten in Teilzeit ist die Dienstplanung vor diesem Hintergrund einfacher. Die Folge dessen ist absurd: Obwohl Fachkräfte händeringend gesucht werden, ist es schwer, eine Vollzeitstelle zu finden.
Hinzu kommt: Für die Beschäftigten ist Teilzeit eine Strategie, mit Stress, Belastung und Überstunden umzugehen. Sie fliehen im Grunde zeitweise aus dem Beruf. Eine Studie unter anderem der Arbeitnehmerkammer Bremen berichtete 2022, dass durch die Ausdehnung der Arbeitszeit von teilzeitbeschäftigten Altenpflegekräften ein zusätzliches Potential von 19.000 bis 35.000 Personen gehoben werden könne. Gelänge es überdies, gänzlich ausgestiegene Altenpflegekräfte für den Beruf zurückzugewinnen, so kämen sogar noch 111.000 bis 284.000 Stellen in Vollzeit dazu. Voraussetzung dafür wären bessere Arbeitsbedingungen – etwa mehr Zeit für eine gute Pflege, mehr Personal, mehr Geld, mehr Wertschätzung und verlässliche Arbeitszeiten.
Frehm wünscht sich mit Blick auf die Arbeitszeiten noch etwas Anderes: mehr Flexibilität zu Gunsten der Beschäftigten. »Wenn man einen Wunschdienst braucht, bekommt man ihn nicht«, sagt sie. »Vor einiger Zeit hätte ich gerne einen Tag freigehabt für eine große Familienfeier. Ich habe ihn nicht bekommen.« Es mag ein Detail sein, macht aber doch deutlich, wo es in der Altenpflege hakt.
Jasmin Frehm: »Ich hatte beim ambulanten Pflegedienst eine Klientin, die sich nicht waschen lassen wollte. Sie war sehr gläubig. Wir haben dann zusammen während der Körperpflege langsam das Vaterunser gebetet. Beim ›Amen‹ war sie gewaschen und angezogen. An anderen Tagen haben wir Volkslieder gesungen. Das waren schöne Momente. Weil die Pflege irgendwann schnell ging, hatten wir manchmal sogar noch Zeit für einen schnellen Kaffee. Und am nächsten Morgen dann erneut die Frage: ›Singen wir wieder?‹ Das war der Deal – ich singe mit ihr, und sie lässt sich waschen.
Dass Klientinnen und Klienten sich nicht waschen lassen wollen, kommt oft vor. Manche werden da auch aggressiv. Vor allem die, die neu in der Pflege sind, haben Schamgefühl ohne Ende. Ich frage dann vor jedem Schritt: Darf ich Ihnen das Gesicht reinigen, oder möchten Sie selbst? Darf ich Sie im Intimbereich waschen, oder machen Sie das? Es würde mir nicht anders gehen an ihrer Stelle.«
Bad Marienberg ist eine idyllische Kleinstadt in Rheinland-Pfalz, im Westerwald nahe der Grenze zu Hessen. Der Erholungswert der selbst ernannten »Gesundheitsstadt« ist hoch: Mitten im Grünen gelegen, hübsche Straßen mit Pflastersteinen und netten Cafés, Kirchen, mit Schiefer verkleidete Häuser, Fachwerk, zahlreiche Spazier- und Wandermöglichkeiten. Viel Idylle also.
Das Städtchen hat aber weniger idyllische Geschichte geschrieben. Das private Unternehmen Alloheim errichtete 1973 dort sein erstes Altersheim. In den nächsten 25 Jahren wuchs das damalige Familienunternehmen – benannt nach dem Spitznamen seines Gründers Alois Mollik – auf dreizehn Einrichtungen mit tausend Beschäftigten. Dann stieg erstmals eine Beteiligungsgesellschaft ein: 2007 erwarb Star Capital Partners aus Großbritannien das Unternehmen. Solche Beteiligungsgesellschaften werben Gelder etwa von Pensionsfonds oder reichen Privatpersonen ein und investieren diese dann mit dem Versprechen schneller und hoher Renditen. Sechs Jahre später verkaufte Star Capital seine Anteile branchentypisch an einen anderen Fonds, Carlyle aus den USA. Kaufsumme: 180 Millionen Euro. Das Unternehmen umfasste zu diesem Zeitpunkt schon 49 Einrichtungen. Der neue Eigentümer gab der bisherigen GmbH die Rechtsform einer europäischen Aktiengesellschaft (SE) – was stark wachsende Unternehmen oft machen, um die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten zu schwächen. Lange gehalten hat Carlyle Alloheim allerdings auch nicht: 2017 verkaufte es das Unternehmen mit seinen damals 160 stationären Einrichtungen sowie siebzehn ambulanten Diensten für 1,1 Milliarden Euro an Nordic Capital aus Schweden. Damals arbeiteten 14.500 Menschen für Alloheim. Den größten Teil seines Wachstums erreichte Alloheim durch Zukäufe. 2023 betrieb die Gruppe insgesamt 254 stationäre Einrichtungen (sowie 24 ambulante Dienste), beschäftigte rund 22.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Damit wurde sie hierzulande Marktführerin.
Altenpflege ist ein lohnendes Geschäft, und das zunehmend global. Insofern ist Alloheim kein Einzelfall. Das Risiko, das die internationalen Investoren dabei tragen, ist gering. Denn letztlich sind ihre Umsätze staatlich garantiert. Den größten Teil der Pflegekosten bezahlt die öffentliche Hand – sei es die Pflegeversicherung oder sei es das Sozialamt. Überdies sind die Wachstumsperspektiven dank demografischem Wandel gut. Das Statistische Bundesamt schätzte 2023 in seiner Pflegevorausberechnung, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland in den nächsten dreißig Jahren von etwa 5 Millionen auf knapp 7,6 Millionen ansteigen wird.
Das typische Geschäftsmodell der Beteiligungsgesellschaften wird auf absehbare Zeit weiter funktionieren: Da es noch immer eine große Zahl an Pflegeanbietern gibt, lässt sich mit dem Zukauf und Umstrukturieren (buy and build genannt), dem Ausschlachten und profitablen Weiterverkaufen solcher Unternehmen weiterhin gutes Geld verdienen. Nicht selten finanzieren die Fonds dabei den Kauf durch Schulden, die sie anschließend auf das erworbene Unternehmen überwälzen (debt pushdown genannt). Dieses muss dann den Schuldendienst leisten. Auch die Übernahme von Alloheim durch Nordic Capital 2017 wurde auf diese Weise finanziert. Eine ebenfalls beliebte Strategie ist es, die Immobilien der erworbenen Pflegeheime zu verkaufen und anschließend zurück zu mieten – mit der Folge steigender Kosten. Die Konsequenz all dessen: Die Investoren freuen sich über Profite, die zu großen Teilen in Steueroasen abfließen. Die langfristigen Folgen bekommen die Heime und die Pflegebedürftigen zu spüren.
Es gibt einen Trend zu immer mehr privaten Pflegeanbietern. Zwischen 1999 und 2021 ist die Zahl der Heimplätze in Deutschland von 650.000 auf 980.000 gewachsen. Davon waren 1999 etwas mehr als ein Viertel in privater Hand, es dominierten mit fast zwei Dritteln noch klar die gemeinnützigen Anbieter. Auf öffentliche Altenheime entfielen etwas mehr als zehn Prozent. Bis 2021 hatten sich diese Verhältnisse geändert: Zwar waren die Gemeinnützigen immer noch die stärkste Gruppe, sie hielten allerdings gerade noch etwas über der Hälfte der Pflegeplätze. Die Privaten hatten ihren Anteil auf über 40 Prozent ausgeweitet, während die Öffentlichen auf deutlich unter zehn Prozent zurückfielen. Dass es noch extremer geht, zeigen andere Länder: In Spanien haben private Anbieter einen Marktanteil von 80 Prozent, in Großbritannien von 76 Prozent.
Bei ambulanten Pflegediensten sieht es ähnlich aus. Die Privaten fahren also auf der Überholspur, wobei hier große, von Beteiligungsgesellschaften geführte Unternehmen wie kleine Betreiber gleichermaßen gemeint sind. Für Beschäftigte und für Pflegebedürftige sowie deren Familien bleibt dieser Privatisierungstrend nicht ohne Folgen. Zwar sind die Preise der privaten Anbieter im Mittel niedriger als die der gemeinnützigen und der öffentlichen. Allerdings: Pflege ist eine Dienstleistung, und wer bei sozialen Dienstleistungen billiger sein will, der muss beim Personal oder an der Qualität sparen, oder an beidem. Schließlich bestimmt sich der Preis hier im Wesentlichen durch die unmittelbare Dienstleistungsarbeit von Menschen an Menschen.
Seit einigen Jahren versucht die Politik nun, die Geister wieder zurückzudrängen, die sie einst rief. Allerdings beseitigt sie nicht die Grundübel – Konkurrenz und Privatisierung.
Alloheim stand wegen offensichtlicher Pflegemängel wiederholt in der Kritik (das Unternehmen selbst sah »wenige bedauerliche Einzelfälle«). In Ludwigsburg und Simmerath bei Aachen verfügte die jeweilige Heimaufsicht die Schließung von Alloheim-Einrichtungen, die das Unternehmen nur durch den kurzfristigen Verkauf der Heime abwendete. An anderen Standorten beklagten Beschäftigte oder Bewohnerinnen beziehungsweise Bewohner immer wieder öffentlich Missstände, so beispielsweise in Bremen, Hannover, Assenheim (Hessen), Bredstedt (Schleswig-Holstein) und Berlin. Solche Klagen gibt es nicht nur über Alloheim. Der europaweit größte und in Deutschland viertgrößte von einer Beteiligungsgesellschaft geführte Pflegebetreiber Orpéa etwa hat 2022 in Frankreich einen Skandal ausgelöst. Nachdem unhaltbare Zustände in seinen Pflegeheimen öffentlich geworden waren, bestätigte kurze Zeit später eine Untersuchungskommission der französischen Regierung die Vorwürfe in weiten Teilen: Es habe nicht nur einen Mangel an Personal, sondern auch verbreitete Mängel in der Ernährung und Pflege von Bewohnerinnen und Bewohnern gegeben.
Während der Corona-Pandemie waren Bewohnerinnen und Bewohner von Altenheimen die am meisten gefährdete Gruppe. Nicht unerheblich war allerdings, in welcher Einrichtung sie lebten: So war in Hessen der Anteil Corona-Toter in von Beteiligungsgesellschaften geführten Pflegeheimen höher als in anderen privaten, gemeinnützigen und öffentlichen Einrichtungen. Eine Erhebung der Universität Waterloo kam 2021 für Kanada zum gleichen Ergebnis. Und eine Untersuchung aus den USA wies 2021 in eine ähnliche Richtung: Wer in einem von einer Beteiligungsgesellschaft geführten Heim lebt, ist gefährdeter, in die Notaufnahme oder ins Krankenhaus zu kommen als jemand, der in einer anderen privaten Einrichtung lebt.
Allerdings beschränken sich Qualitätsprobleme nicht auf von Beteiligungsgesellschaften geführte Einrichtungen, sie sind vielmehr auch bei regulären privaten Pflegeanbietern überdurchschnittlich häufig. Das zeigt nicht zuletzt eine Kleine Anfrage in der Bremer Bürgerschaft. Sie ergab 2022, dass die Zahl behördlich festgestellter Mängel in privaten Pflegeeinrichtungen die in gemeinnützigen weit übersteigt – obwohl es im Land Bremen weniger private Anbieter gibt. Eine Studie aus den USA zeigte 2021, dass Pflegeanbieter nach einem Wechsel von einer gemeinnützigen Trägerschaft in eine profitorientierte ihre Personalkosten senken. Gerade die Stellen gut ausgebildeter Pflegefachkräfte werden abgebaut, weil sie teurer sind. Nun ist das hierzulande zwar dank strikterer Personalvorgaben so nicht möglich. Allerdings wies 2016 eine Studie auch für Deutschland nach, dass die Qualität profitorientierter Pflegeheime geringer ist. In vier von sechs Kriterien schnitten sie schlechter ab als Einrichtungen, die nicht an Gewinn orientiert sind. Zudem drängen gerade die privaten Pflegearbeitgeber politisch darauf, einen Teil der Pflegefachkräfte durch Hilfskräfte ersetzen zu können.
Nicht nur bei der Qualität, sondern auch bei der Bezahlung ihrer Beschäftigten fallen private Pflegeanbieter im Durchschnitt hinter ihre gemeinnützigen und öffentlichen Wettbewerber zurück. Diese Erfahrung hat auch Jasmin Frehm gemacht: »Die privaten Anbiete bezahlen in der Regel einen geringeren Lohn. Die kirchlichen und öffentlichen Arbeitgeber zahlen besser.«
Die Wurzeln dessen liegen in der Einführung der Pflegeversicherung 1995. Die Zulassung privater Anbieter und die entfesselte Konkurrenz ging zu Lasten der Löhne und des Personals: Wer weniger Menschen einstellt und diese schlechter bezahlt, hat Vorteile gegenüber seinen Wettbewerbern. Tarifverträge brachen weg und wurden immer kleinteiliger; selbst gemeinnützige sowie öffentliche Anbieter lagerten unter Konkurrenzdruck bestimmte Bereiche wie Küche und Reinigung an Billigfirmen aus. Dass dies auf Dauer der ganzen Branche schadet, ist offensichtlich. Tatsächlich blieben die Löhne deutlich hinter denen anderer Berufe zurück.
Seit einigen Jahren versucht die Politik nun, die Geister wieder zurückzudrängen, die sie einst rief. Allerdings beseitigt sie nicht die Grundübel – Konkurrenz und Privatisierung. 2002 wurden einrichtungsinterne Qualitätssicherungs-Managements und regelmäßige Leistungs- und Qualitätsnachweise verpflichtend. Seit 2008 prüft und benotet der Medizinische Dienst Pflegeeinrichtungen, das System gilt allerdings als wenig aussagekräftig. Zwei Jahre später wurde ein Pflege-Mindestlohn eingeführt; insbesondere ab 2017 stieg er deutlich an. Ab Mitte der 2010er Jahre wurde die Refinanzierung von Tariflöhnen durch die Pflegekassen erleichtert.
2021 sollte ein für alle Anbieter verbindlicher Tarifvertrag die Entlohnung in der Altenpflege weiter stärken, was an dem katholischen Arbeitgeber Caritas scheiterte. Die Bundesregierung kündigte daraufhin an, die Bezahlung nach Tarifvertrag zum Zulassungskriterium für Pflegeanbieter zu machen. Auch führte sie ein Personalbemessungsverfahren für stationäre Pflegeeinrichtungen ein. Einen verbindlichen Personalschlüssel mit Mindestvorgaben stellt dieses allerdings nicht dar. Es gewährleistet daher nicht, dass Pflegeeinrichtungen genug und ausreichend qualifiziertes Personal vorhalten. Und was die Bezahlung nach Tarifvertrag angeht, blieb es bei einem Lippenbekenntnis. Denn der Gesetzgeber räumte den Arbeitgebern die Möglichkeit ein, sich lediglich an Tarifverträgen zu orientieren oder gar gemäß einem »regional üblichen Entlohnungsniveau« zu bezahlen. Für letzteres warben insbesondere die privaten Arbeitgeber. Beides hat zur Folge, dass die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen deutlich unter dem Niveau des Tarifvertrags bleiben können. Arbeitgeber dürfen sich weiterhin vor Tarifbindung drücken, was zwei Drittel der bis dahin nicht an Tarifverträge gebundenen Pflegebetriebe auch tun. Die meisten davon sind private. Einen einheitlichen Tariflohn in der Altenpflege, der Voraussetzung wäre für ein Ende der Schmutzkonkurrenz in dieser Branche, wird es so nicht geben.
Gleichwohl waren die Bemühungen der Gewerkschaft ver.di und der Politik, die Löhne in der Altenpflege anzuheben, nicht ohne Erfolg. So stiegen die mittleren Entgelte von vollzeitbeschäftigten Fachkräften der Altenpflege zwischen 2012 und 2022 um 52 Prozent auf 3.611 Euro brutto. Bei Helferinnen und Helfern stiegen sie um 57 Prozent auf 2.635 Euro. Beide Anstiege waren deutlich überdurchschnittlich; Vollzeitbeschäftigte in der Altenpflege erhalten heute sogar einen höheren Lohn als andere Fachkräfte beziehungsweise Helferinnen und Helfer im Schnitt.
Allerdings sind die Anforderungen und die fachliche Verantwortung in der Altenpflege besonders groß. Vergleicht man das mittlere Entgelt in der Altenpflege deshalb nur mit dem in ähnlich anspruchsvollen Berufen, so fällt die Bezahlung nur noch unterdurchschnittlich aus. Zudem liegt das mittlere Entgelt von Altenpflegekräften noch immer deutlich hinter dem in der Krankenpflege. Und das Problem, dass bei privaten Anbietern sowie bei ambulanten Diensten nur unterdurchschnittlich bezahlt wird, ist nach wie vor ungelöst. Zudem reicht der Lohn in der Altenpflege offenbar noch immer nicht aus, um ausreichend Personal zu gewinnen. Die Zahl der offenen Stellen überschreitet die der arbeitssuchenden Pflegekräfte seit Langem deutlich. Und der Fachkräftebedarf wird noch ansteigen: Bis 2040 werden geschätzt bis zu 560.000 zusätzliche Beschäftigte in der Altenpflege gebraucht.
Das Buch ist ab sofort im Handel erhältlich. Link zum Jacobin-Shop.
https://www.investigate-europe.eu/de/themes/investigations/for-profit-elder-care
Das Grundproblem unserer Gesellschaft ist die warenförmige Struktur der Produktion der Waren und Dienstleistungen. In der „Betreuungsindustrie“ tritt dieses Problem nur besonders krass zu Tage.
Wortgewaltig heißt es im „Kommunistischen Manifest“:
»Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat alle feudalen, patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört. Sie hat die buntscheckigen Feudalbande, die den Menschen an seinen natürlichen Vorgesetzten knüpften, unbarmherzig zerrissen und kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übriggelassen als das nackte Interesse, als die gefühllose „bare Zahlung“. Sie hat die heiligen Schauer der frommen Schwärmerei, der ritterlichen Begeisterung, der spießbürgerlichen Wehmut in dem eiskalten Wasser egoistischer Berechnung ertränkt.
Sie hat die persönliche Würde in den Tauschwert aufgelöst und an die Stelle der zahllosen verbrieften und wohlerworbenen Freiheiten die eine gewissenlose Handelsfreiheit gesetzt. Sie hat, mit einem Wort, an die Stelle der mit religiösen und politischen Illusionen verhüllten Ausbeutung die offene, unverschämte, direkte, dürre Ausbeutung gesetzt.«
So isses, sagt der Kasseläner. Und so lange diese Sachverhalte nicht einmal in der Diskussion der Probleme angemessen bedacht und berücksichtigt werden, von einem Begreifen der Sachverhalte durch eine Mehrheit der Menschen will ich erst far nicht reden, so lange wird die Menschheit einer Lösung der ökonomischen und gesellschaftlichen Probleme nicht näher kommen. Fürchte ich.