Mythos: Bürgergeld immer teurer?
Warum die realen Kosten für das Bürgergeld sogar sinken und nicht explodieren
Dieses Jahr kostet das Bürgergeld erstmals mehr als 50 Milliarden Euro. Um genau zu sein: Die Regierung plant mit 52 Milliarden. Nach 47 Milliarden im letzten Jahr. Das sei ausufernd, nicht mehr finanzierbar, niemandem mehr vermittelbar – und müsse dringend reformiert werden, heißt es dann häufig von Merz über Söder bis Weidel, von BILD über WELT bis zur FAZ.
Dabei machen alle den gleichen Fehler – oder manipulativen Trick? – und schauen allein auf die nominalen Kosten, die das SGB 2 (Bürgergeld plus Kosten der Unterkunft plus Eingliederung) im Haushalt verursacht. Und, ja: die nominalen Kosten sind gestiegen. Aber das allein beweist noch nicht, dass das System ausufernd und nicht mehr zu finanzieren sei.
Denn nominal werden in der Regel alle Posten im Haushalt von Jahr zu Jahr größer. Die Steuereinnahmen genauso wie die Staatsausgaben. Weil die Preise steigen und die Wirtschaft wächst. Fast jedes Jahr kann man also von Rekordausgaben, Rekordeinnahmen, Rekordgewinnen oder Rekorddividenden schreiben.
Die Kosten sinken sogar
Um nicht den Populisten auf den Leim zu gehen, sollte man deshalb solche Zahlen um die Inflation bereinigen und zum Gesamthaushalt oder zur Wirtschaftsleistung ins Verhältnis setzen – und über lange Zeiträume vergleichen.
Also vergleichen wir mal 2015 zu 2025. Damals lagen die nominalen Kosten bei 42 Milliarden Euro, also zehn Milliarden weniger als heute. Allein um die Preissteigerungen seitdem (29 Prozent) auszugleichen, hätten die Kosten aber heute bei 54 Milliarden Euro liegen müssen. Also höher als sie heute tatsächlich sind.
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sanken die Kosten in den zehn Jahren von 1,4 auf 1,1 Prozent. Und gemessen am Haushalt sogar von 14 auf 10,3 Prozent. Will sagen: für das Bürgergeld geben wir heute einen kleineren Anteil der Wirtschaftsleistung und des Haushalts aus als vor zehn Jahren. Und das trotz der Aufnahme von rund drei Millionen Geflüchteten. Eingenommen der Ukrainer, die Söder wieder aus dem Bürgergeld schmeißen will, um Kosten zu sparen.
Ausufernd? Nicht mehr finanzierbar? Nicht mehr vermittelbar? All diese Interpretationen entbehren einer faktischen Grundlage. Journalisten sollten sie nicht länger Tag für Tag unkritisch reproduzieren, sondern richtigstellen!
Es kommen in schöner Regelmäßigkeit nur die Sozialausgaben auf das Table au, was ist mit der Einnahmenseite? CumEx, Digital Steuer, Panama Papers, Vermögenssteuer, Subventionsbetrug .. Davon höre ich wenig. Warum wohl? Wer steht hinter Springer und CxU... In Deutschland würde eine Steuer auf Milliadäre für mehr Steuergerechtigkeit sorgen und zwischen elf und 28 Milliarden Euro einbringen, wobei nur etwa 250 bis 5.000 Haushalte betroffen wären. Die Erhebungskosten würden entsprechend gering ausfallen und die rechtliche Umsetzung ist in Deutschland möglich. 21426.pdf https://share.google/oM1vD6j3EajwWVP8Q
Ein sehr wichtiger Beitrag zur Diskussion, danke dafür Maurice!
Um diesen Punkt faktisch noch fundierter zu machen, wäre es für die Diskussion aus meiner Sicht sogar gut, nicht nur einen einzelnen Wert der Vergangenheit mit den heutigen Zahlen zu vergleichen, sondern einen Verlauf über die letzten Jahre.
Ja, da kommen bestimmt durch die sehr unterschiedlichen Haushalte auch während der Pandemie etc. teils starker Ausreißer zusammen. Aber dennoch scheint mir, ein Chartverlauf der der beiden Anteile über z.B. die letzten 20 Jahre (oder sogar mit Startpunkt vor der Agenda2010) würde ein noch klareres (oder zumindest ehrlicheres) Bild darstellen und wäre weniger angreifbar.