Traum vom Eigenheim: Diese Steuer braucht ein Update!
Die Grunderwerbsteuer frisst Eigenkapital auf und bevorteilt Reiche, Erben und Unternehmen. So ließe sich das ändern
Finanzminister Christian Lindner hat eine gute Idee. Dass ich mal so in einen Text starte! Aber es ist so. Denn: Er will die Grunderwerbsteuer reformieren. Die Steuer, die man an die Bundesländer überweist, wenn man ein Grundstück oder eine Immobilie kauft. Und das wäre dringend nötig.
„Hohe Baukosten und Zinsen machen es Familien inzwischen fast unmöglich, Eigentum zu erwerben. Erspartes fließt beim Kauf an den Staat. Wir sollten den Ländern deshalb die gesetzliche Möglichkeit eröffnen, bei selbstgenutzten Immobilien auf die Grunderwerbsteuer zu verzichten.“ – Christian Lindner
Die Mehrheit der Deutschen träumt von Wohneigentum, aber immer weniger können es sich leisten. Die unteren 40 Prozent haben kaum nennenswerte Ersparnisse, für die ist an einen Hauskauf gar nicht zu denken. Aber selbst für Facharbeiter und leitende Angestellte rückt der Traum vom Eigenheim immer weiter in die Ferne. In den letzten zehn Jahren haben sich die Hauspreise grob verdoppelt, die Löhne aber nicht. Gestiegene Zinsen und Preise für Baumaterialien kommen noch hinzu. Wer nicht geerbt hat oder jahrelang von einem guten Gehalt Eigenkapital angespart hat, hat es schwer. Erst recht in Metropolen, wo die Mieten explodiert sind und einen immer größeren Teil des Einkommens verschlingen.
Der große Eigenkapitalfresser
Und dann ist da noch: die Grunderwerbsteuer. Theoretisch könnte sie auch der Verkäufer zahlen, üblich ist allerdings, dass der Käufer zahlt. Eventuell sogar plus Notarkosten, Grundbucheintrag und Maklerprovision. In Summe kommt man schnell auf zehn Prozent Kaufnebenkosten. Wer für seine Familie ein kleines, saniertes Altbau-Haus (außerhalb von Metropolen) im Wert von 500.000 Euro kaufen möchte, zahlt also gut und gerne 50.000 Euro allein für die Abwicklung. Und den Großteil davon an den Staat, wie Lindner richtigerweise bemängelt.
Der Haken: Die Nebenkosten müssen aus dem Eigenkapital bezahlt werden. Dafür gibt es in der Regel keinen Kredit. Wer also mühsam 70.000 Euro an Reserve angespart hat und davon 50.000 Euro als Eigenkapital für den Hauskauf aufwenden möchte, muss 100 Prozent des Kaufpreises über den Bankkredit finanzieren. All das Ersparte verpufft in Nebenkosten. Folgeproblem: Der Zins der Bank wird entsprechend teurer, weil bei 100-Prozent-Finanzierungen das Ausfall-Risiko größer ist. Wer hingegen reich ist oder sein Erbe als Eigenkapital einsetzen kann, den hindert die Steuer nicht am Kauf und verteuert auch nicht die Konditionen. Ottonormalos und der Mittelstand werden also durch die Steuer systematisch am Immobilienmarkt gegenüber Reichen und Erben benachteiligt.
Das Eigenkapital ist die höchste Hürde zum Eigenheim. Bitter deshalb, dass es eine Grunderwerbsteuer gibt, die das Eigenkapital auch noch anfrisst. Je nach Bundesland werden zwischen 3,5 und 6,5 Prozent an Steuern auf den Kaufpreis fällig. Bis 2006 galt bundesweit noch ein einheitlicher Satz von 3,5 Prozent. Seitdem dürfen die Länder den Steuersatz selbst wählen. Bis auf Bayern und Sachsen haben alle Länder den Steuersatz angehoben, um ihre Kassen zu füllen. Bis auf Bayern (3,5 Prozent) liegen auch alle Länder bei fünf Prozent oder höher. Ein Drittel der Bundesländer erhebt sogar den Höchstsatz von 6,5 Prozent, darunter das bevölkerungsreichste: Nordrhein-Westfalen. Die Steuereinnahmen haben sich von knapp fünf Milliarden Euro in 2006 auf rund 18 Milliarden in 2022 fast vervierfacht. 2023 kam es wegen hoher Zinsen und der Baukrise allerdings zu einem drastischen Einbruch auf 12,2 Milliarden Euro.
Übrigens: Investoren und Konzerne, die im großen Stil in Immobilien investieren, können die Steuer mit sogenannten Share-Deals umgehen. Rund 150.000 Wohnungen wurden so fast steuerfrei in den letzten drei Jahren übertragen. Der Trick: Bei einem Share-Deal werden Immobilien in einem Unternehmen gebündelt und der Käufer kauft nicht die Immobilien selbst, sondern die Anteile (Shares) an dem Unternehmen. Da das nicht als Immobilienkauf im eigentlichen Sinn gilt, fällt die Grunderwerbsteuer weg.
Freibeträge für Eigennutzer?
Christian Lindner will deshalb ran an die Steuer. Problem: Er selbst kann gar nicht so viel machen, weil es eine Ländersteuer ist. Vorschläge macht er aber trotzdem. »Wenn es nach mir geht, sollte die Grunderwerbsteuer für selbstgenutzten Wohnraum in den Ländern auf null gesenkt werden“, so Lindner. Schon im Koalitionsvertrag hat sich die Ampel auf eine Reform verständigt. Dort heißt es: „Wir wollen den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer z. B. durch einen Freibetrag ermöglichen, um den Erwerb selbst genutzten Wohneigentums zu erleichtern“. Tatsächlich hat sein Ministerium auch einen konkreten Entwurf ausgearbeitet und 2023 an die Länder geschickt. Der sah Freibeträge für Selbstnutzer vor und ein Schließen der Lücken bei den sog. Share-Deals. Ein guter Vorschlag also.
Auch die CDU ist dafür, hat deshalb vor einem Jahr im Bundestag den Antrag mit dem Titel »Den Traum von den eigenen vier Wänden ermöglichen« gestellt. Die Forderung: Den Ländern zu ermöglichen, beim Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer von 250.000 Euro pro Erwachsenen und 150.000 Euro pro Kind einzuführen.
Solche Freibeträge – in welcher Höhe auch immer – sparen zwar sowohl der Mittelstandsfamilie als auch dem Villa-Bonzen etwas Eigenkapital, denn beide würden auf die Freibeträge schließlich keinen Cent Steuern zahlen; aber der Vorteil für Mittelstandsfamilien überwiegt. Und: Das Vermögen von Bonzen und Mega-Erben besteuert man ohnehin nicht wirksam mit der Grunderwerbsteuer, sondern mit der Erbschaftsteuer – oder einer Vermögensteuer. Außerdem konkurrieren Ottonormalos und Reiche ohnehin nicht um die gleichen selbstgenutzten Immobilien.
Viel wichtiger: Investoren, die kaufen, um zu vermieten und damit Profite zu machen, wären von den Freibeträgen ausgeschlossen. Die müssten trotzdem zahlen. Und das ist auch richtig so.
Die Ampel sollte die restliche Amtszeit nutzen, um mit den Ländern einen Deal auszuhandeln.
Wer mehr kauft, sollte auch mehr zahlen!
Wenn man die Steuer schon anfasst, könnte man allerdings noch weiter gehen. Die Grunderwerbsteuer ist prädestiniert dafür, eine progressive Steuer zu werden. Sprich: Je teurer der Kauf, desto höher der Steuersatz. Bonzen und Investoren würden dann für Millionenkäufe oder Anlageobjekte höhere Sätze bezahlen, Mittelstandsfamilien und Ottonormalos für Eigenheime weniger.
Das ist nicht nur ein Hebel, um die Schere zwischen Mitte und Oben ein bisschen zu schließen; sondern auch, um Häuser nicht zum Spekulationsobjekt werden zu lassen. Wenn der Steuersatz steigt, je mehr und je teurere Grundstücke und Häuser man besitzt, desto unattraktiver werden die Auswüchse nach oben.
Profitieren würden übrigens auch kleinere Landwirtschaftsbetriebe, denen große Investoren die Felder wegkaufen. Und natürlich profitierten auch die Haushalte der Ländern, weil höhere Steuersätze für Villen und Investoren die Einnahmeausfälle durch die Freibeträge wettmachen. Immerhin haben die Länder ja noch eine strengere Schuldenbremse als der Bund, können also auf Einnahmen nicht so leicht verzichten, ohne woanders kürzen zu müssen.
Abschauen könnte sich die Ampel das bei anderen Ländern, etwa Großbritannien. Dort gilt bei der Grunderwerbsteuer, die dort »stamp duty« heißt, ein progressiver Stufentarif. Wer Eigentum bis zu 250.000 Pfund kauft, zahlt die Steuer nicht; wer teurere Grundstücke oder Immobilien kauft, zahlt zwischen fünf und zwölf Prozent. Vermögende und Investoren werden also stärker zur Kasse gebeten als Eigenheimbesitzer.
Also: Aus der Grunderwerbsteuer ließe sich sogar also eine Vermögen- und Spekulationsteuer durch die Hintertür machen, die dem Mittelstand beim Traum vom Eigenheim nicht länger im Weg steht. Das wiederum ist freilich mit Lindner nicht zu machen. Höhere Freibeträge aber schon. Die Ampel sollte die restliche Amtszeit nutzen, um mit den Ländern einen Deal auszuhandeln.
Neben der vorgeschlagenen Regelung gäbe es noch viele innerkapitalistische Instrumente, um die Möglichkeit eines Wohnobjekts zur Selbstnutzung schon in jungen Jahren erheblich zu verbessern und damit wirklichen Wohlstsnd und damit Freiheit in Sicherheit zu ermöglichen.
Neben dem weiten Feld mezzaniner Finanzierungsformen sind hierfür vor allem niedrige administrative Hürden und Transaktionskosten erforderlich.
Warum kann ein eventueller Wertanstieg einer erworbenen Immobilie nicht beim Verkäufer bleiben?
Warum kann Eigenkapital nicht von Dritter Hand gestellt werden?
Warum ist es nicht möglich, dass eine Gesellschaft einen virtuellen Kredit mit entsprechender Verwendungsbeschränkung zur Verfügung stellt?
Welchen Sinn hat es, wenn Regelungen Marktteilnehmer zum sparen zwingen, aber Ressourcen nicht ausgelastet sind?
Es versteht doch jeder, dass man in einen Bus sofort einsteigt, wenn niemand ansteht und keine Schlange mit sich als Erstem der Reihe bewerkstelligt.
Die Wirtschaft läuft dann, wenn sich ökonomisch induzierte Austauschbeziehungen ermöglichen lassen.
Nur für Gläubige eines vermeinlichen Wirtschaftswunders hilft der Griff in die esoterische Kiste.
Ermöglichen geht konkret durch angepasste Maßnahmen, welche nicht (nur) auf die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit drängen, sondern analytisch auf der Höhe der Zeit sind.
Und das ist nahezu keine Glaubensrichtung bzw. Ökonomenschule.
Selbst MMT-Befürworter sind ausgeprägte Zauderer und unterscheiden zu wenig zwischen technischer Realisierbarkeit und den Grenzen konkreter Umsetzung.
Als ob es eine Glaubensfrage wäre, ob die Erhöhung der Geldmenge Inflation erzeugt und es nicht wesentlich wichtiger wäre, zu wissen, wann und welchem Maße eine Geldmengenerhöhung unproblematisch ist.
Und welche Funkrion die Erhebung von Steuern und Abgaben eigentlich hat und in der Realität oft kontraproduktiv wirkt.
Ich kenne den Begriff "MMT" noch keine zwei Jahre, sehr wohl aber Freiräume für Wohlstand durch Ressourcen-Auslastung, Investitionssteuerung auf die Bedarfsebene hin und die Hinterfragung unnötiger, aber implementierter Abhängigkeiten und damit deren Auflösungen.
Warum fordert man nicht konsequent das Duell?
Lieber Maurice, kannst du bitte auf einen offenbar neulich stattgefundenen "Bürgerdialog von Christian Lindner in Friedrichshafen" auf Phoenix reagieren?
Er dürfte dort völlig ungestört, unhinterfrsgt und nicht eingeordnet seine neoliberalen Platitüden unters Volk bringen