5 Kommentare
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Avatar von Kristian
May 23Bearbeitet

Sehr guter Artikel und gut recherchiert. Die Möglichkeiten des zusätzlichen Rekrutierens von Betriebsprüfern in den Finanzämtern (Innendienst) ist heute schon nahezu ausgeschöpft. Der Innendienst kann trotz mehr Digitalisierung und höherer Fallzahlen keine Leute mehr abgeben. Auch muss man ehrlich zugeben, dass sich der Betriebsprüfer täglich Herausforderungen gegenüber sieht, denen nicht jeder Finanzbeamte/Mensch gewachsen ist und damit auch nicht jeder gleich geeignet ist.

Na gut, dann kann man einfach mehr ausbilden. Ich sehe da drei Probleme. 1.) Es ist finanziell einfach zu attraktiv, zu den Big 4 oder Next 6 zu gehen. Es gibt tausende Klagen zu der verfassungswidrigen Bezahlung der Beamten. 2.) Die Qualität und Menge, die sich noch bewirbt, hat sich auch stark verändert. 3.) Es dauert schon eine ganze Zeit sich von den Grundzügen des Steuerrechts bis in die Höhen internationaler Konzernrechnungslegung und Außensteuerproblematiken vorzukämpfen. Aber genau dort gehen die Summen "verloren". Das wird nicht in zwei/drei Jahren machbar sein. "Ein" Satz noch zu den Prioritäten. Als ich gelesen haben, dann müssen mehr die Konzerne geprüft werden, kam sofort ein Störgefühl auf. Die Kleinen werden heute schon sehr selten geprüft, aber auch hier muss weiter geprüft werden. Hier geht es häufig, um Verkürzungen in bargeldintensiven Bereichen, wie die angesprochene Eisdiele, selbst erstellte Schuhkartonbuchführungen, usw.

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Avatar von alter Opi

Tja, es ist wie so oft oder gar immer: "der Staat" hat null Interesse, das Geld dort zu holen, wo es ist. Ich unterstelle vollste Absicht und keine bedauerliche Fehlentwicklung.

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Avatar von kaularan

Die von Ihnen aufgeführen 13 Mrden € sind mit sehr viel Vorsicht zu sehen.

Jeder Betriebsprüfer kennt den Begriff der Gewinnverlagerung. Da wird ein aktiver Bilanzposten zum Ende des Prüfungszeitraums erhöht bzw. ein Passivposten vermindert, was zu einer Gewinnerhöhung und damit zu mehr Steuern führt. Natürlich tritt im Folgejahr der entgegengesetzte Effekt ein und bis auf die Zinsen gibt es kein steuerliches Mehrergebnis. Trotzdem erscheint dann z.B. die 1 Million Mehrsteuern als Ergebnis der Prüfung.

Noch beliebter sind falsche Rechnungsstellungen bei Abschlagszahlungen - da werden irrsinnige Beträge nacherhoben und vom Betriebsinhaber innerhalb kurzer Zeit durch berichtigte Rechnungen wieder korrigiert. Im Grunde eine Beschäftigungstherapie, aber die steuerlichen Mehrergebnisse gehen in die Höhe.

Aber selbst wenn man Steuern wegen verkürzter Einnahmen festsetzen kann, heißt das nicht, daß das Steueraufkommen steigt. Ein Prüfungszeitraum beträgt im Normalfall 3 Jahre. Selbst wenn erhebliche Nachzahlungen festgesetzt werden, machen die Betriebe einfach dicht und das war es dann. Formal hat das Finanzamt einen Anspruch von xxTausend €, nur wird der nicht gezahlt.

Im übrigen stimmt, was hier auch geschrieben wurde. Nicht jeder Finanzbeamte ist für den Prüfungsdienst geeignet und will die Arbeit machen. Die Ausbildung zum Finanzbeamten dauert Jahre, 3 Jahre Studium und anschließend verschiedene Stellen im Finanzamt. Wenn alles sehr gut läuft, fängt man nach sechs bis acht Jahren mit dem Prüfungsdienst an - nochmal eine Ausbildung von fast einem Jahr. Bis man Großbetriebe oder gar Konzerne prüft ist man hoch in den 30'igern. Wer jetzt fordert, mehr Prüfer rauszuschicken übersieht, daß dafür ein Zeitraum notwendig ist, der mindestens eine Dekade umfaßt.

Es fehlen die Leute, man hat sie einfach nicht. Man stellt Männer und Frauen gleich ein - nur die Frauen gehen naturgemäß später auf Teilzeit. Damit fallen sie im Normalfall für den Prüfungsdienst aus. Schließlich ist es für jeden kleinen Betrieb schon eine Belastung, einen Prüfer für eine Woche im Haus zu haben. Bei Großbetrieben, wo die Prüfungen Monate dauern, geht es überhaupt nicht.

Die Forderungen hören sich gut an, sind auch schlüssig beschrieben - nur scheitern sie an der Wirklichkeit.

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Avatar von Spatz

Das ist eine Sache des 7 Köpfigen Vielfrass. Wie wäre es mal mit richtiger Prioritätensetzung statt auf Staatskosten Betriebsprüfer auszubilden um sie dann an die 5 großen Steuervermeider zu verlieren??

Und vorallem die letzten beiden wirklichen Wertschöpfer des System einfach in Ruhe zu lassen.

Viele kleine Fischen müssen eben nicht per se viel bringen. Lieber ein paar mal öfters bei unseren ganz besonderen Typen vorbeischauen.

Was könnte sich ändern, wenn wir die ganzen bagatellsteuern abschaffen würden? Wäre es dann auch mit viel geringern Personalstand möglich zu prüfen?

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Avatar von H. Schmidt

Das größte Problem dürfte vielmehr darin bestehen, dass der Beruf des "staatlichen Betriebsprüfers" nicht mehr besonders finanziell interessant ist für potenzielle Kandidaten. Die "Big Five"-Gesellschaften zahlen für gut ausgebildete Personen ein Vielfaches. Die besten Kandidaten werden dann halt nicht ins Beamtentum wechseln, sondern sich dahin begeben, wo die besten Aufstiegsmöglichkeiten bestehen. Das hat natürlich auch zur Folge, dass die Fachkompetenz der Betriebsprüfer oftmals darunter leidet. Von daher wird das Finanzamt auch zukünftig hinterherhinken. Dieses Problem haben aber nicht nur die Finanzbehörden, sondern grundsätzlich alle staatlichen Institutionen. Die Attraktivität muss entschieden gesteigert werden.

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