5 Kommentare

Von Aaron Sahr bin ich Fan, seit dem ich ihm 2020 zum ersten Mal in einem Podcast zugehört habe. Er schafft es, die zum Zerreißen angespannte Gemengelage aus Finanz- und Wirtschaftswelt sachlich wie umfassend zu analysieren. Das Buch hole ich mir – Danke für die Leseprobe!

Expand full comment
founding

Lieber Maurice,

vielen Dank für diese Interessante Leseprobe. Beim Lesen dieses Buches müssen Dir als Wissenden des heutigen Geldsystems alle Haare zu Berge stehen.

Der Autor vermengt in seinem Geldbegriff alles Mögliche, was man populär als GELD bezeichnen kann. Er artikuliert nicht den Unterschied von Geld als Zahlungsmittel und Geld als Bewertungsmaßstab. Die Flussgröße Geld vermengt er gerne mit der Bestandsgröße Geld (= Geldvermögen).

Wie er zu der Aussage: „dürftige Wohlstandszuwächse“, bei der riesigen Geldvermögens-Ausweitung der Großvermögensbesitzer kommt, erschließt sich mir ebenfalls nicht. Diese Aussage gilt richtigerweise nur für die lohnabhängig Beschäftigten.

Das die von ihm beschriebenen Zahlungskrisen verschiedener Staaten alle an der falschen Handlungsweise der entsprechenden Regierungen lag, die sich in Fremdwährungen verschuldet haben, sollte in solch einem Buch deutlich herausgestellt werden. Warum dies so war, sollte ebenfalls beschrieben werden.

Ein Staat, wie von dir in deinem Buch so treffend beschrieben, kann in seiner eigenen Währung nie in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Die angeblich „knappe Geldversorgung der öffentlichen Hand“ ist ein rein politisches Problem. Dass der Staat fast immer mehr ausgibt als er über Steuern und Abgaben wieder einnimmt, ist der Normalfall und kann dank gelderzeugender Zentralbank eigentlich nicht als „Schuld“ bezeichnet werden. Dass es Deutschland zeitweise geglückt ist, hier einen Einnahmenüberschuss zu erzielen, verdankt sie der Verschuldung des Auslandes = Exportüberschuss! Dies wird von unseren „klugen“ Politikern nur gerne unterschlagen. Dass unsere jahrelangen Exportüberschüsse eigentlich als „Krieg“ mit anderen Mitteln anzusehen ist, sollte man mal deutlich sagen.

Wenn ein Staat „Schulden“ hat, liegen diese ausschließlich in den „unterlassenen Ausgaben“ für notwendige Gemeinwohlaufgaben. Diese „Schuld“ ist nur dann zeitweise akzeptabel, wenn es an den notwendigen Ressourcen fehlt. Diese „Schuld“ sollte aber schnellstmöglich beseitigt werden. An FEHLENDEM GELD kann es in keinem Fall liegen. Auch dieser Sachverhalt wird in dem Buch unzureichend beschrieben.

Das der öffentliche Sektor zu einem dauerhaften Sorgenkind geworden ist, liegt an dem Unverständnis unserer politischen Führung in der Handhabung des heutigen Geldsystems. Die postulierten Folgen der Schwarzen Null für die Zahlungsfähigkeit der Länder sind reiner Schwindel und machtpolitisch von den Geldmächtigen so gewollt.

Wieso sollte Geld, erzeugt mit einem Buchungssatz, angesichts der Höhe der bereits ausgestellten und zu erwartenden Rechnungen Mangelware sein?

In der Beschreibung von Geld als Überfluss wird nicht zwischen dem Giralgeld der Geschäftsbanken und dem Giralgeld der Zentralbanken unterschieden. Die riesige Geldmengensteigerung ist auf die Geschäftsbanken in ihren Finanzmarktaktivitäten zurückzuführen. Erst als dieser Markt an seinen eigenen Steigerungen, die alle ausschließlich auf Preisveränderungen basierten, zu kippen drohten, mussten die Zentralbanken mit ihren unbegrenzten Fähigkeiten der Geldschöpfung von gesetzlichen Zahlungsmitteln eingreifen. Sie kauften Wertpapiere in beachtlichen Volumina auf, um die Geschäftsbanken und ihren Schattenbanken den längst fälligen Kurssturz dieser „Wertpapiere“ zeitlich herauszuschieben. Dies wird der nächste große Crash werden, wenn es den Geldmächtigen nicht gelingt, mit Russland einen Krieg zu inszenieren.

Erkennbar sollte in diesem Buch beschrieben werden, dass die massive Geldmengen-Steigerung ausschließlich durch die Finanzmärkte verursacht wurden.

Die Geldmengen-Ausweitung der Zentralbanken wird im Prinzip sachlich nicht korrekt beschrieben. Hier ist nur für die Rettung der Finanzmärkte Geld erzeugt und den Geschäftsbanken zur Verfügung gestellt worden. Das die EZB also private Investoren mit kognitiv kaum mehr greifbaren Mengen an Geld zahlungsfähig macht ist falsch. Nur die Regierung und die Geschäftsbanken unterhalten Konten bei der EZB und sind nicht das, was als private Investoren zu bezeichnen ist. Hierhin sind die „gesetzlichen Giralgeld-Mengen“ geflossen. Die Geschäftsbanken haben damit technisch ihr „wertloses“ Giralgeld in gesetzliche Zahlungsmittel getauscht.

Abschließend muss klargestellt werden, dass die öffentliche Hand sich in keiner Zahlungskrise sondern in einer Verständniskrise befindet. Diese spielt sich ausschließlich in den Köpfen unserer Politiker ab!

Expand full comment

Bei Ihrem Kommentar drängt sich mir die Frage auf, ob Sie das Buch überhaupt gelesen haben? Oder haben Sie von dieser kurzen Leseprobe, in der zunächst Widersprüche in der öffentlichen Wahrnehmung von Geldproblemen aufgezeigt werden, auf die Argumente des Autors geschlossen? Ohne ins Detail gehen zu müssen, kann ich mir nicht vorstellen, wie man nach der Lektüre des 447 Seiten umfassenden Buches noch darauf kommen könnte, Aaron Sahr würde argumentieren, die Geldversorgung der öffentlichen Hand sei ein Problem von Geldknappheit. Von dem Narrativ eines inszenierten Krieges mit Russland ganz zu schweigen besteht Ihr Kommentar leider vor allem aus Falschbehauptungen und Strohmannargumenten.

Expand full comment
founding

Schade, dass Sie sich mit meinen „Falschbehauptungen“ und „Strohmannargumenten“ nicht im Detail auseinandersetzen. Dann könnten wir eine sachliche Diskussion führen. Die traurige Realität des aktuellen Krieges im Kaukasus hätte ich gerne widerlegt gesehen.

An welchen Stellen im Buch des Autors werden meine Aussagen zu der Leseprobe widerlegt?

Expand full comment
Feb 25, 2022·Feb 25, 2022 bearbeitet

Mein Problem ist, dass Sie sich mit Aussagen wie "Auch dieser Sachverhalt wird in dem Buch unzureichend beschrieben" eben nicht eindeutig auf die Leseprobe bezogen haben. Diese ist ein Teil der Einleitung, in welcher, wie gesagt, Widersprüchlichkeiten aufgezeigt werden mit denen sich im Buch dann auseinandergesetzt wird. Diese Widersprüchlichkeiten und das Aufzeigen allgemeiner Wahrnehmungen zu Geld in der Gesellschaft haben Sie scheinbar teilweise als Argumente des Autors missverstanden. Es ist nicht so, dass ich nicht einzelne Argumente Ihres Kommentars teile, sondern dass sich viele davon nach meinem Leseeindruck nicht auf das Buch und seine Argumente beziehen, wie Sie es darstellen. Da ich an Sachlichkeit interessiert bin, einige Beispiele die das verdeutlichen sollten:

Ein Hauptargument des Buches ist es, dass die "Ermangelung" an Geld für die öffentliche Hand ein Problem der Abgabe von Handlungsspielräumen (monetärer Souveränität) ist, also ein politisches Problem (z.B. Kapitel 8, "Zur Privatisierung monetärer Souveränität"). Es geht also gerade nicht darum für eine schwarze Null zu plädieren, sondern darum als demokratische Gemeinschaft "monetäre Souveränität zurückzufordern" (das sagt schon der Klappentext) und die geldschöpferischen Potentiale der Zentralbank für öffentliche Ausgaben ernst zu nehmen (dazu auch S. 355ff.).

Zum Unterschied zwischen der Verschuldung in eigener Währung und Fremdwährung und warum letztere ein Problem ist, ein Staat aber nicht in seiner eigenen Währung zahlungsunfähig werden kann, siehe etwa S. 288-289, im Konkreten: "Berühmte Staatspleiten der jüngere Vergangenheit, etwa von Argentinien und Russland um die Jahrtausendwende, bedeuten einen Ausfall von Fremdwährungsschulden, also Verbindlichkeiten, die nicht in der eigenen Währung aufgenommen wurden." (288)

Zu Unterschieden und Zusammenhängen zwischen Zentralbank- und Geschäftsbankgeld siehe etwa die Seiten 168-179, generell das Kapitel 6, oder etwa 247-248. Insgesamt geht es entgegen Ihrer Darstellung um eine Repolitisierung privatisierter Geldschöpfung und nicht um die Behauptung, Geldschöpfung durch die Zentralbank sei das Problem (351).

Abschließend ist etwa im Unterkapitel "Reichtum statt Wohlstand" (299ff.) ausführlich das Problem beschrieben, dass eben die geldschöpferisch tätigen Geschäftsbanken "in den vergangenen dreißig bis vierzig Jahren nicht daran gedacht [haben], Kredite im Hinblick auf die Generierung von Wirtschaftswachstum, Beschäftigungszuwachs oder allgemeinen Einkommenssteigerungen zu vergeben." (299) Es geht also gerade um die Divergenz zwischen Geldmengensteigerung und allgemeinem Wohlstand, wie für die von Ihnen genannten lohnabhängig Beschäftigten.

Insgesamt kann ich mir anhand Ihres Kommentares sehr gut vorstellen, dass das Buch auf Ihr Interesse stoßen könnte. Freundliche Grüße

Expand full comment