5 Kommentare

Ich vermisse – nicht nur in diesem Artikel – die grundsätzliche Kritik an dem Artikel 109 GG in seiner derzeitigen Fassung. Würde man diesen makroökonomischen Unsinn „Guthabenbremse“ nennen, wäre es mit dem Spuk ziemlich schnell vorbei. Denn wer will schon „Guthaben“ bremsen. Dass das Bremsen von „Guthaben“ oder „Schulden“, was ja nur zwei Seiten derselben Medaille sind, nicht einfach in das Belieben des Staates gestellt ist, muss viel stärker betont und im Bewusstsein der Bevölkerung verankert werden.

Wolfgang Stützel hat sich in seinem Buch „Volkswirtschaftliche Saldenmechanik“ mit volkswirtschaftlichen Zusammenhängen befasst, die nicht von – schwer vorhersehbarem – menschlichen Verhalten abhängig sind, sondern streng allgemeingültig sind, egal wie absonderlich und ungewöhnlich sich „die Menschen“ auch verhalten. In der Einleitung schreibt er auf Seite 2:

„So besteht zwischen der Wirtschaftstätigkeit des Herrn Schulze und der Tätigkeit aller übrigen Mitglieder der Weltwirtschaft außer zahllosen anderen Beziehungen auch noch der primitive Zusammenhang, dass stets, sooft Herr Schulze mehr verkauft und einnimmt als er selbst kauft und ausgibt, die „übrige Weltwirtschaft“ im gleichen Zeitraum einen gleichgroßen Überschuss Ihrer Käufe über Ihre gleichzeitigen Verkäufe haben wird, da offensichtlich jeder Verkaufsakt für den Partner einen Kaufakt darstellt. Man braucht, um derartige Zusammenhänge darzustellen, keine höhere Mathematik, es genügt, im Bewusstsein zu halten, dass eben auf dieser Erde stets 2 + 2 = 4 bleibt.

Man könnte vermuten, dass solche arithmetischen Zusammenhänge wie der unseres kleinen Beispiels stets so primitiv und so selbstverständlich sind, dass es gar nicht nötig ist, sie eigens zu erwähnen, geschweige denn zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung zu machen.

Prüft man aber Aussagen über volkswirtschaftliche Zusammenhänge etwas näher unter diesem speziellen Aspekt, dann muss man leider feststellen, dass gerade diese "primitiven" Zusammenhänge vielfach nicht beachtet werden.“ Soweit das Zitat von Wolfgang Stützel.

Erweitern wir das Beispiel von Herrn Schulze auf „alle privaten Haushalte in der Bundesrepublik“ so ergibt sich: „Stets wenn alle privaten Haushalte mehr verkaufen und einnehmen als sie selbst kaufen und ausgeben, wird „die übrige Weltwirtschaft“ im gleichen Zeitraum in derselben Höhe einen Überschuss ihrer Käufe über die Verkäufe haben.“

Was passiert, wenn jemand in der realen Wirtschaft ein Produkt, zum Beispiel ein Auto, kauft? In dem Moment, in dem der Kaufvertrag unterschrieben wird, entsteht eine Forderung des Autoverkäufers an den Kunden. Der Kunde hat eine Verbindlichkeit in derselben Höhe gegenüber dem Autoverkäufer. Das Geldvermögen des Verkäufers ist um den Preis des Autos gestiegen, das Geldvermögen des Käufers um den Preis des Autos gesunken. Hatte der Autokäufer vorher kein Geldvermögen hat er jetzt eine Verbindlichkeit (Schulden) in der Höhe des Kaufpreises des Autos.

An dieser Stelle ist es sinnvoll, an die genaue Definition von Geldvermögen zu erinnern:

Geldvermögen (einer Person, einer Gruppe, einer Firma) ist die Summe aus Zahlungsmitteln (Bargeld, Guthaben auf Girokonten) und eigenen Forderungen an den Rest der Welt vermindert um die Verbindlichkeiten gegenüber dem Rest der Welt.

Wenn Herr Schulze (und die Summe der privaten Haushalte in der Bundesrepublik), wie oben gezeigt, mehr einnehmen als sie ausgeben, heißt das, die Forderungen an den Rest der Welt nehmen zu. Sein Geldvermögen steigt. Gleichzeitig und in derselben Höhe nehmen jedoch spiegelbildlich die Verbindlichkeiten vom Rest der Welt gegenüber Herrn Schulze (und allen privaten Haushalten der Bundesrepublik) ebenfalls zu.

Die Verschuldung läuft somit automatsch ab. Und dieser Sachverhalt wird permanent bestritten und ausgeblendet. Politik und große Teile der Wissenschaft tun so, als sei es in das Belieben jedes einzelnen Wirtschaftssubjektes gestellt. Und dass das dann für alle Wirtschaftssubjekte gelte. Und das ist eben falsch. Es wird ausgeblendet, dass es einen unauflösbaren Zusammenhang zwischen Kauf und Verkauf gibt. Und zwischen Forderung und Verbindlichkeit.

Man könnte das als Streit um des Kaisers Bart abtun, wenn aus diesem falschen Verständnis heraus, nicht unheilvolle Rezepte für ganze Volkswirtschaften gestrickt würden.

Expand full comment
founding

Was sind Schulden? Davon kann man doch nur dann Sprechen, wenn jemand eine erhaltene Leistung mit Geld bezahlt, welches er von jemanden bekommen hat, der dieses Geld vorher mit erbrachter Leistung bekommen hat!

Das von Geldschöpfern mit Hilfe eines Buchungssatzes neu erzeugte Geld zur Bezahlung einer Leistungsschuld, Kredit genannt, ist eine "Geld-Schuld" gegenüber dem Nichts!

Unser Staat mit seinen Geld-Ausgaben, die er später via Steuereinnahmen reduziert, macht also Geld-Schulden beim Nichts mit Hilfe seiner Zentralbank. Das Nichts muss etwas Fürchterliches sein, dass unsere Regierung und unsere Politiker davor so viel Angst haben.

Wer jetzt zu der Erkenntnis kommt, dass dieses doch für alle Kredite gilt, ist einen Schritt weiter auf dem Weg des Erkennens!

Expand full comment

Schuldenbremse einhalten ohne Neudefinition und Konjunktur fördern nach dem Dilletantismus zuvor passt nicht zusammen.

Kein MMT-ler fordert grenzenloses Schuldenmachen. Aber wenn eine solche Person auf dem Stuhl des Bundeskanzlers dies anscheinend nicht versteht, ist er völlig fehl auf diesem Platz. Für Faule und Überforderte gibt es bessere Entfaltungsmöglichkeiten. Damit scheidet auch ein Herr Merz beim Bekleiden dieser Position aus.

Ungenutzte Ressourcen brach liegen zu lassen, anstatt diese den Bedürfnissen der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, weil man eine zum Großteil selbst verschuldete Inflation bekämpfen will, ist ein eklatanter Bruch des Amtseides.

Aus der Great Depression hat man anscheinend nichts gelernt außer dem Verbreiten von Hohlphrasen.

Expand full comment

Die Schuldenbremse ist ein Mythos bzw. reine Makulatir. Lindner macht Schulden ohne Ende: Sondervermögen auf Sondervermögen und die verdeckten Schulden durch die Coronapakte auf EU Ebene noch nicht mal mitgerechnet. Das kann jeder sehen und seine Sparanstrengungen sind im Vergleich aberwitzig. Nichtsdestotrotz hat der Habeck ja trotzdem eine 50Mrd Paket geschnürt…

Expand full comment