1 Kommentar

Wenn Kacmarek schreibt »Oder, um es anders auszudrücken: Wir brauchen eine Wirtschaft im Dienste des Menschen, und nicht Menschen im Dienste der Wirtschaft.« ist das ja nichts neues. Der Altmeister aus Trier hat einen nicht unerheblichen Teil seines lebens mit der analyse dieses Phänomens zugebracht.

In Kurzform geht das so:

In unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung werden die benötigten Güter und Dienstleistungen (die „Lebensmittel“ im weitesten Sinne) als „Waren“ produziert. Über „Kauf“ und „Verkauf“ werden sie ihrer Bestimmung zugeführt, menschliche Bedürfnisse (seien sie gesamtgesellschaftlich oder individuell) zu befriedigen.

„Waren“ haben ein doppeltes Gesicht. Einerseits sind sie Träger von "Wert" und anderseits nützliche Dinge. Die Menschen brauchen die nützlichen Dinge. Die ökonomischen Einheiten, die Wirtschaftssubjekte, brauchen im Kapitalismus den „Wert" oder den „Mehrwert“. Bei der Produktion von „Mehrwert“ ist es völlig wurscht, mit welchen Produkten der „Mehrwert“ erzielt wird. Jacken wie Hosen, Vorlesungen über Ökonomie an der Uni oder Braunkohleabbau, für die Produktion von „Mehrwert“ ist die „Qualität“ der Produkte unerheblich. Für die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse gilt dies nicht.

Aus diesem Widerspruch erwachsen die Scheußlichkeiten des Systems. Und die nicht mehr beherrschbaren Zumutungen. Diesem Dilemma ist nur zu entkommen, indem das warenförmige System aufgehoben wird. Das heißt die Basiskategorien des Kapitalismus, „Ware“, „Wert“, „Geld“, „Zins“ und „Kapital“ und deren Ableitungen müssen aufgehoben und transformiert werden. Ohne diese Aufhebung bleiben alle gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen vergebliche Liebesmüh. Fürchte ich.

Ein erster Schritt wäre, diesen Sachverhalt zu verstehen. Davon ist die Menschheit jedoch meilenweit entfernt. Ivan Illich, Erich Fromm, Rudi Dutschke und Robert Kurz sind tot. Es leben Kevin Künast, Annalena Baerbock, Hans-Werner Sinn und Veronika Grimm. Na dann.

P.s.: Ich bin 73. Und meine Rest-Lebenszeit auf diesem Planeten somit überschaubar. Wo bleiben jedoch die 20-, 30-jährigen, die sich den postmodernen Mist nicht mehr länger bieten lassen? Die begreifen, dass der ganze gesellschaftliche Zirkus auf den tönernen Füßen von "Ware", "Wert" und "Geld" beruht, die nichts anderes sind, als eine Verschleierung des Phänomens, das wir "Leben" nennen.

Wer es nicht glaubt: Einfach mal die Bilanz eines x-beliebigen Unternehmens anschauen. In dieser Bilanz werden qualitativ völlig verschiedene Dinge auf eine einzige Größe reduziert. Auf den "Wert" in einer x-beliebigen Währung. Und die Quantität dieser Größe bestimmt unser Leben. Bekloppt, oder?

Im Original liest sich das wie folgt. Im dritten Band von "Das Kapital - Kritik der politischen Ökonomie" ist zu lesen:

»Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört; es liegt also der Natur der Sache nach jenseits der Sphäre der eigentlichen materiellen Produktion. Wie der Wilde mit der Natur ringen muss, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, um sein Leben zu erhalten und zu reproduzieren, so muss es der Zivilisierte, und er muss es in allen Gesellschaftsformen und unter allen möglichen Produktionsweisen.

Mit seiner Entwicklung erweitert sich dies Reich der Naturnotwendigkeit, weil die Bedürfnisse sich erweitern; aber zugleich erweitern sich die Produktivkräfte, die diese befriedigen. <b>Die Freiheit in diesem Gebiet kann nur darin bestehen, dass der vergesellschaftete Mensch, die assoziierten Produzenten, diesen ihren Stoffwechsel mit der Natur rationell regeln, unter ihre gemeinschaftliche Kontrolle bringen, statt von ihm als von einer blinden Macht beherrscht zu werden; ihn mit dem geringsten Kraftaufwand und unter den ihrer menschlichen Natur würdigsten und adäquatesten Bedingungen vollziehen.</b> Aber es bleibt dies immer in Reich der Notwendigkeit.

Jenseits desselben beginnt die menschliche Kraftentwicklung, die sich als Selbstzweck gilt, das wahre Reich der Freiheit, das aber nur auf jenem Reich der Notwendigkeit als seiner Basis aufblühen kann. Die Verkürzung des Arbeitstages ist die Grundbedingung.«

Expand full comment